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Gut gemeint reicht nicht: KI-Winter in Europa
Die Europäische Kommission stellt heute einen Aktionsplan zur Förderung der Künstlichen Intelligenz vor. Aber die Ziele sind nicht ambitioniert genug, die Investitionen zu niedrig und das Niveau an Selbstbewusstsein und Ambition überschaubar.
Ehrlich gesagt macht es keine Freude immer aufs Neue zu schreiben, dass Europa in Sachen Künstlicher Intelligenz recht weit hinten rangiert – um es gelinde auszudrücken. Da könnte ein EU-Plan zur Stärkung der KI auf dem Kontinent vielleicht helfen. Das ist wirklich eine gute Idee.
Die Befürchtung ist jedoch: Wenn Ursula von der Leyen am heutigen Mittwoch den EU-Aktionsplan für die Förderung der KI in Unternehmen und Wissenschaft in Europa verkünden wird, könnte sich an der bisher negativen Einschätzung nicht viel ändern.
Leider ist zu erwarten, dass es ein Stückwerk bleibt und die Euro-Beträge, die aufgerufen werden, um KI in Europa zu unterstützen, bei Weitem nicht ausreichen. Wer in Sachen KI in einstelligen Milliardenbeträgen denkt, kann sicher etwas bewegen – aber sich nicht mit der internationalen Konkurrenz messen. Das Ambitionsniveau ist einfach zu niedrig – trotz der Pläne für AI-Gigafactories oder der Unterstützung von KI in Forschung und Entwicklung.
Europa führt den Begriff der digitalen Souveränität, die es zu erreichen gilt, an vielen Stellen im Munde. Aber es folgen zu wenige Taten. Übersetzt man „souverän“ mit digital unabhängig ist das ein erstrebenswertes Ziel, das aber bei Licht betrachtet außer Reichweite erscheint. Übersetzt man „souverän“ aber mit entschlossen, selbstbewusst oder tatkräftig, wäre der Weg offen für eine Einstellung, die man sich eigentlich von einer europäischen Strategie wünschen würde.
Europa hat jedoch den Begriff einer neuen „Basistechnologie“ noch nicht richtig verstanden. Was früher Dampfmaschine, Elektrizität, Computer und das Internet waren, ist heute die KI. Ein radikaler Umschwung in Wertschöpfungsketten, Produktion, der Arbeitswelt insgesamt und der Forschung. Es ist daher zu begrüßen, dass die Kommission das Thema recht weit oben auf die politische Agenda setzt.
Um hier erfolgreich zu sein, bedarf es allerdings der aktiven und gemeinsamen Beteiligung der Mitgliedsstaaten. Jeweils nationale KI-Strategien werden aufgrund ihrer einzeln finanziell und kapazitativ zu geringen Durchschlagskraft verhallen. Erst wenn sich Europa als Ganzes darauf besinnt, die neue Basistechnologie zu fördern und zu gestalten, kann etwas daraus werden. Dafür gibt es allerdings bisher nur wenige Anzeichen – obwohl es sehr wünschenswert wäre.
Wo sind die gebündelten europäischen Kräfte, die so etwas umsetzen könnten? Wo ist die Zusammenarbeit großer Konzerne, die den Kontinent gemeinsam auf diesem Feld nach vorn bringen wollen? Wo sind die (europäischen) Investoren, die – unterstützt durch eine Deregulierung – das Geld in die Hand nehmen, das im Hinblick auf KI derzeit vor allem in den Vereinigten Staaten oder im arabischen Raum investiert wird?
Die EU mit ihren Organen kann das allein nicht bewerkstelligen. Aber: Sie sollte – erstens – das Ambitionsniveau deutlich anheben und die Ziele höherstecken. Und zweitens: Nicht im Weg stehen mit einer fortschreitenden Regulierung.
Jetzt wünsche ich viel Spaß bei der Lektüre unseres Briefings und verbleibe
Mehr als zwanzig Top-KI-Forscher verlassen Meta, Open AI und Deepmind – für ein Start-up, das in Menlo Park eine „Fabrik für Hypothesen“ baut. Periodic Labs setzt 300 Millionen Dollar darauf, dass KI echte Experimente plant, aus Fehlschlägen lernt – und schneller neue Materialien findet.
Von Marcus Schuler, San Francisco
Mehr als zwanzig prominente KI-Forscher kehren Meta, Open AI und Google Deepmind den Rücken und schließen sich Periodic Labs an, einem jungen Unternehmen, das mit 300 Millionen Dollar Seed-Kapital antritt, Materialforschung zu automatisieren. Das Versprechen: KI, die nicht nur Texte und Code produziert, sondern Hypothesen in realen Laboren prüft – und aus Erfolg wie Scheitern lernt. Die Bewährungsprobe folgt in den kommenden zwölf bis achtzehn Monaten.
Ein Röntgendiffraktometer in einem Versuchslabor. Geräte wie diese finden sich in den Versuchslaboren von Periodic Labs. Picture Alliance
Während die KI-Verordnung fordert, dass Menschen die Risiken von KI kontrollieren, streiten Experten, ob Menschen dazu überhaupt in der Lage sind. Was Politik und Wissenschaft jetzt tun können.
Von Johann Laux, Markus Langer, Kevin Baum
Wirksame menschliche Aufsicht über KI-Systeme ist in dreifacher Hinsicht ein Gewinn: Sie ist erstens ein wesentlicher Baustein für die Konformität von KI-Systemen mit der KI-Verordnung und ethischen Prinzipien. Zweitens verbessert menschliche Aufsicht die Qualität der in Europa auf dem Markt befindlichen KI-Systeme. Drittens wirkt menschliche Aufsicht wertschöpfend, weil ihre Wirksamkeit Investitionen in neue Technologien, Dienstleistungen und menschliche Fähigkeiten voraussetzt. Es liegt jetzt an Wissenschaft und Politik, dieses Innovationspotential gemeinsam zu heben.
Im Zirkus der KI bleibt die Frage, wer die Leine hält: Mensch oder Maschine? Picture Alliance
35 Prozent der Unternehmen vertrauen Künstlicher Intelligenz, die nicht wirklich zuverlässig ist. Währenddessen bleibt das Potential „vertrauenswürdiger“ KI zu häufig ungenutzt.
Von Nina Müller
Das Vertrauen der Unternehmen in Künstliche Intelligenz ist oft fehlgeleitet – und das bremst den tatsächlichen Nutzen der Technologie. Nur 9 Prozent der Unternehmen setzen ihr Vertrauen in die richtigen KI-Technologien, zeigt eine aktuelle Studie des Marktforschers IDC im Auftrag von SAS. Das Ergebnis: Fast jedes zweite Unternehmen international befindet sich in einem Vertrauensdilemma.
Deutsche Industrie macht sich unabhängig von US-KI-Riesen. Mit lokalen Lösungen schaffen Trumpf, Siemens, Bosch, Festo und weitere die Grundlage für vollautonome Maschinen und neue Geschäftsmodelle.
Von Marcel Weiß
Kleine KI-Modelle, sogenannte Small Language Models, werden immer leistungsfähiger und damit wichtiger. Das belegen Forschungsergebnisse von Epoch AI. Die Forscher sind im Sommer dieses Jahres zu dem Ergebnis gekommen, dass mit einer einzigen Gaming-GPU der Spitzenklasse wie der RTX 5090 von Nvidia (unter 2500 Dollar) jeder lokal Modelle ausführen kann, die der absoluten Spitzenleistung von LLMs vor nur sechs bis zwölf Monaten entsprechen.
Wie die Minions im Film arbeiten auch kleine KI-Modelle unscheinbar im Hintergrund und treiben die industrielle Innovation voran A.P.L.
Der AI Mode von Google ist ab heute auch in Deutschland und anderen Ländern der Europäischen Union verfügbar. Nutzer können nun direkt in der Google-Suche mit einem KI-Chat interagieren und mehrteilige, komplexe Fragen stellen.
Open AI hat auf seiner Entwicklerkonferenz
„Apps für ChatGPT“ vorgestellt. Über die Integrationen können Nutzer direkt aus dem Chatbot heraus Dienste wie Spotify, Zillow, Canva oder Expedia steuern. Weitere Apps wie Uber, Doordash und Instacart sollen folgen, ein EU-Start steht allerdings noch aus.
Elon Musks
KI-Startup xAI verhandelt nun Berichten zufolge über eine Finanzierung von insgesamt 20 Milliarden Dollar, bei der Nvidia bis zu 2 Milliarden Dollar für Chips beisteuern könnte. Geplant sei, dass eine Zweckgesellschaft Nvidia-GPUs kauft und xAI diese für fünf Jahre mietet.
Meta will ab 16. Dezember
Unterhaltungen mit dem eigenen KI-Assistenten nutzen, um personalisierte Werbung und Empfehlungen anzuzeigen. Das betrifft auch die verknüpften Facebook-, Instagram- oder Whatsapp-Konten. Ein Opt-out ist nicht möglich, jedoch sind Nutzer in der EU, Großbritannien und Südkorea vorerst ausgenommen.
Bei der Einführung des digitalen Euro kommt es zu Verzögerungen. Nun präsentiert das EU-Parlament erstmals einen konkreten Zeitplan.
Von Alexander Bechtel, Jonas Groß
Auf dem Weg zum digitalen Euro sitzen Piero Cipollone und Fernando Navarrete eigentlich im selben Boot – doch am Steuerruder ziehen sie in entgegengesetzte Richtungen. Während Cipollone, Direktoriumsmitglied der Europäischen Zentralbank (EZB), Segel setzen will, hält der Berichterstatter des Europäischen Parlaments, Navarrete, den Bug in den Wind. Ist man noch auf Kurs?
Piero Cipollone, Vorstandsmitglied der EZB, wirbt für Rückenwind, die Finanzpolitik setzt auf Gegenströmung. Bloomberg
Start-ups kaufen heute keine Klicks, sondern Produktivität ein: Eine neue Studie des Venture-Capital-Unternehmens Andreessen Horowitz aus dem Silicon Valley zeigt erstmals, wohin echte Budgets bei KI-Anwendungen fließen. Der Befund: Bezahlt wird, was Produktion ermöglicht.
Von Marcus Schuler, San Francisco
Kurz nach Mitternacht, irgendwo zwischen Küche, Kinderzimmer und Klapptisch: Auf dem Bildschirm laufen Tests, daneben ein Entwurf für die Produktseite, eine Cloud-Rechnung, ein Chatfenster mit einem Sprachmodell, das Code erklärt. Der Gründer – allein oder mit zwei, drei Mitstreitern – fügt Bausteine zusammen: Bezahlsystem, Nutzerverwaltung, Analytik, Support. Was früher Monate kostet, entsteht in Wochen, manchmal in Tagen. Immer häufiger kommt Umsatz, bevor das Team zweistellig wird.
Die Sand Hill Road in Menlo Park in Kalifornien - berühmt für ihre dichte Besiedlung mit Venture-Capital-Unternehmen. Picture Alliance
Das Eichsfeld-Klinikum gibt Ärzten eine KI an die Hand, die im Hintergrund Gespräche verarbeitet und fachlich dokumentiert. Der Chefarzt hofft so auf rund 80 Prozent Zeitersparnis im Klinikalltag.
Von Nina Müller
„Auf Mediziner kommen immer mehr Gesetze und Pflichten zu, die für mehr Bürokratie sorgen. Das zu bewältigen, ist in Zukunft eigentlich nur noch mit Künstlicher Intelligenz möglich“, sagt Dušan Trifunović. Er ist Chefarzt der Notfallambulanz des Eichsfeld-Klinikums und setzt sich dafür ein, dass Ärzte und Pfleger für die Dokumentation ihrer Arbeit Unterstützung von der KI bekommen. Schon bald soll das erste seiner Teams mit dem KI-Begleiter ausgerüstet werden.
Durch den Einsatz von künstlicher Intelligenz sollen Ärzte mehr Zeit gewinnen (Symbolbild). Picture Alliance
Das neue KI-Hardware-Start-up „Unconventional“
des Ex-Databricks-Managers Naveen Rao will Berichten zufolge eine Milliarde Dollar bei Investoren einsammeln und hat eine Bewertung von fünf Milliarden Dollar ins Auge gefasst. Das Start-up soll eine neuartige KI-Maschine entwickeln, die sowohl maßgeschneiderte KI-Chips als auch Serverinfrastruktur umfasst.
AMD und Open AI gehen eine milliardenschwere Partnerschaft
ein, um gemeinsam Rechenzentren für Künstliche Intelligenz auszubauen. Open AI erhält Optionen auf bis zu zehn Prozent an AMD, sobald Meilensteine wie ein Gigawatt Kapazität erreicht sind. Der Kurs der AMD-Aktien stieg infolge der Ankündigung zeitweise um 35 Prozent.
Tesla hat wohl die zu Beginn des Jahres kommunizierten Pläne,
in diesem Jahr Tausende Optimus-Roboter zu bauen, aufgegeben. Laut einem Bericht von The Information gab es technische Schwierigkeiten, insbesondere mit den Händen der Roboter.
Die Arbeitswelt steht vor einem tiefgreifenden Wandel. Unternehmen mit wenigen Mitarbeitern können Milliardenumsätze erzielen. Während bisher viel Aufmerksamkeit auf die Antwortqualität großer Sprachmodelle gelegt wurde, sind zuletzt andere Fragen immer wichtiger geworden. Wir zeigen, welche das sind.
Von Peter Buxmann und Adrian Engelbrecht
Im Zentrum steht inzwischen der Einsatz von KI-Agenten. Aber: In welchem Ausmaß kann KI autonom Entscheidungen treffen, Prozesse steuern und mit ihrer Umwelt interagieren? Laut dem Marktforschungsinstitut Gartner werden bereits 2028 mindestens 15 Prozent der Entscheidungen am Arbeitsplatz nicht mehr von Menschen, sondern von KI-Agenten getroffen.
Wenn KI-Agenten das Kommando übernehmen, bleibt die Frage: Wer spielt noch die Hauptrolle im Unternehmen? A.P.L.
Deloitte stattet mehr als 470.000 Mitarbeiter mit der KI Claude von Anthropic aus. Gleichzeitig muss das Unternehmen in Australien für erfundene Quellen in einem Bericht viel Geld zurückzahlen. Was das über den Umbruch in der Branche sagt.
Von Nina Müller
Aktuell könnten die Nachrichten über das Prüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte kaum gegensätzlicher ausfallen. Einerseits verkündet das Unternehmen die größte KI-Partnerschaft seiner Geschichte und rollt den Anthropic-Assistenten Claude für mehr als 470.000 Mitarbeitende in 150 Ländern aus. Gleichzeitig muss sich Deloitte wegen eines fehlerhaften Berichts verantworten, den Berater des Unternehmens wohl mit KI-Unterstützung für die australische Regierung erstellt haben.
Deloitte setzt auf KI, doch der Ruf verlangt mehr als technische Innovation. Picture Alliance
Open AI würde rein rechnerisch über ausreichend Rechenleistung verfügen, um rund 7 Millionen digitale Arbeitskräfte
gleichzeitig Aufgaben wie Schreiben, Programmieren oder Analysieren erledigen zu lassen. Das schätzt das Forschungsinstitut Epoch AI, das eng mit Open AI zusammenarbeitet und die Token-Leistung von GPT-5 mit menschlicher Arbeitsleistung verglichen hat.
KI und Automatisierung könnten in den nächsten zehn Jahren bis zu 100 Millionen Jobs in den USA ersetzen, prognostiziert eine
Analyse von Demokraten im US-Senat. Die Daten stammen aus einem mithilfe von ChatGPT erstellten Bericht unter der Leitung von Bernie Sanders. Die Autoren fordern politische Maßnahmen wie eine 32-Stunden-Woche und eine Robotersteuer, um die Auswirkungen abzufedern.
Open AI hat eine neue Technik fürs Einrichten agentischer Workflows vorgestellt. Mit automatisierten Abläufen können Maschinen eigenständig Entscheidungen treffen, Aufgaben planen und Aktionen ausführen. Hinzu kommen Apps, mit denen sich ChatGPT zu einem eigenen Betriebssystem wandelt.
Von Marcus Schwarze
Open AI stellte das Konzept auf dem eigenen „Dev Day“ vor, der jährlichen Entwicklerkonferenz. Nutzer des neuen Agentenmenüs unter ChatGPT erhalten ein Reißbrett, auf dem sich ein Flussdiagramm anlegen lässt. Einem Symbol für einen Agenten werden dabei diverse Werkzeuge an die Seite gestellt, die zum Beispiel aus einer Datenbank, einer Sammlung an Dateien und sogenannten Guardrails (Leitplanken) bestehen. Der Agent nimmt dann eine Anfrage entgegen, durchsucht je nach formulierter Aufgabe die Daten und gibt im Rahmen der gesteckten Leitplanken Antworten aus. Auch kann er Ergebnisse an weitere Agenten übergeben.
Auf einem Reißbrett entwirft man in ChatGPT Verfahrensabläufe. Screenshot: Marcus Schwarze/Open AI
„Ich möchte, dass die Zukunft der KI in Europa gestaltet wird. Denn wenn KI eingesetzt wird, können wir intelligentere, schnellere und kostengünstigere Lösungen finden.“
Ursula von der Leyen
Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission AFP