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Die digitale Schul-Spaltung
Die beiden Bildungsexperten Anika Limburg und Joscha Falck berichten aus der Praxis deutscher Schulen. Das Fazit: Die Lehrer verstehen die Realität der Schüler nicht mehr und umgekehrt.
Dabei spielt KI eine große Rolle. Die Schüler nutzen sie unkontrolliert und ohne Leitplanken. Die Lehrer haben nicht die Expertise, persönliche Erfahrung oder Unterstützung, um den Schülern den Weg zu weisen. Es ist bedrückend zu lesen, dass es zwar Ansätze und Vorschläge zur Besserung gibt – aber keinen Masterplan zur Abhilfe.
Hier sind die Bildungsministerien der Länder und des Bundes ebenso gefordert, wie die Kultusministerkonferenz – und am Ende alle, die sich mit Bildung beschäftigen. Es wäre ein Fehler, hier nicht schnell und nachhaltig dafür zu sorgen, dass schulische Bildung KI inkludiert. Warum kein Fach „Prompten“? Warum keine Kurse zum Umgang mit den LLMs? Die Schüler wären ganz sicher dabei. Midjourney-Wettbewerbe um das beste KI-generierte Bild. Ich weiß: Das klingt für viele Ältere unter uns etwas fremd. Aber ich zähle mich selber zu dieser älteren Kohorte und sehe sehr deutlich, dass diese durch Behäbigkeit geschaffenen Grenzen überwunden werden können.
Wir haben natürlich noch mehr im Programm der aktuellen Ausgabe: Holger Schmidt beschreibt sehr deutlich den Wiederaufstieg der chinesischen Tech-Aktien, die Gründe dafür und warum diese in Sachen Kurs-Gewinn-Verhältnis noch immer unterbewertet sind. Lesenswert – nicht nur für Investoren.
Meine Kollegin Nina Müller hat sich den KI-Pakt der großen Internet-Unternehmen angesehen und kommt zu dem Schluss, dass Selbstverpflichtungen dieser Art eher der Öffentlichkeitsarbeit dienen und weniger den Zielen einer effektiven Regulierung durch Selbstkontrolle.
Und dann ein Knaller: Warum kostet eine Folge des weltweit erfolgreichsten Youtubers (Mr Beast) teilweise mehr als eine Folge von Game of Thrones? Wir reden hier über mehr als zwei Millionen Dollar pro Ausgabe. Warum? Weil Mr Beast genau weiß, wie man Erfolg im Netz und auf Youtube hat und diese Investition schnell wieder hereinholt. Unser Autor Marcel Weiß hat sich einmal die internen Dokumente von Mr Beast genauer angesehen und verrät das Geheimnis.
Jetzt aber zu einem Thema, an dem wir seit Wochen arbeiten: unser KI-Kongress am 6. und 7. November 2024 im F.A.Z.-Tower in Frankfurt. Unter folgendem Link laden wir Sie herzlich zur Anmeldung ein:
www.faz-konferenzen.de/kuenstliche-intelligenz
F.A.Z.-bm
Wir würden uns sehr freuen, mit Ihnen und den guten Rednern ins Gespräch zu kommen. Hier ist Präsenz gefragt. Kommen Sie zu uns und diskutieren Sie mit.
Die Einführung der generativen KI als Basistechnologie verläuft schneller als bei früheren technologischen Durchbrüchen wie dem Internet und dem PC. Während diese Jahre brauchten, um signifikante Verbreitung zu finden, hat sich die generative KI sehr viel schneller eine breite Nutzerbasis geschaffen.
Von Holger Schmidt
Von 0 auf 40 in 1,5 Jahren: Fast 40 Prozent der amerikanischen Bevölkerung im Alter zwischen 18 und 64 Jahren nutzen inzwischen generative KI, was eine rasante Verbreitung zeigt. Im Vergleich dazu benötigte das Internet beim Start 1995 rund zwei Jahre, um eine Durchdringungsrate von 20 Prozent zu erreichen, während der PC beim Start 1981 nach drei Jahren ebenfalls erst bei 20 Prozent lag. Diese beschleunigte Akzeptanz von KI wird durch ihre vielseitige Anwendungsmöglichkeit sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld erklärt. Der größte Unterschied zur Einführung des PCs liegt in der Portabilität und den geringeren Kosten der heutigen KI-Lösungen, die ihre Verbreitung maßgeblich begünstigen.
In Live-Podcast erklärt Markus Caspari, Head of Performance Marketing von Dentsu, wie Künstliche Intelligenz die Werbung in Suchmaschinen verändert, warum das Performance Marketing bald seinen Höhepunkt überschreiten wird und warum KI den großen Techfirmen noch mehr Bedeutung im Werbemarkt zuschiebt.
Mit dem KI-Pakt erklären Google, Amazon und Microsoft, die Grundsätze der KI-Verordnung schon früher einzuhalten. Aber: Freiwillige Selbstverpflichtungen sind rechtlich nicht bindend – und dienen vor allem dem Ruf.
Von Nina Müller
Mehr als 100 Unternehmen haben den EU-Pakt für Künstliche Intelligenz unterschrieben. An der freiwilligen Erklärung, kurz „KI-Pakt“, beteiligen sich auch große Technologiekonzerne wie Google, Amazon und Microsoft oder das KI-Start-up Open AI. Sie erklären sich bereit, die Grundsätze der KI-Verordnung der EU schon vor Inkrafttreten einzuhalten. Meta und Apple fehlen bislang in der Liste der Unterstützer. Freiwillige Verpflichtungen der Technologiebranche aus der Vergangenheit zeigen, dass solche Initiativen vor allem der positiven Öffentlichkeitswirkung dienen.
Der EU-Pakt für Künstliche Intelligenz soll Unternehmen dazu ermutigen, die Grundsätze der KI-Verordnung schon vor deren vollständiger Anwendung umzusetzen (Symbolbild). EPA
Alibaba legt mit Qwen eine populäre LLM-Familie vor. Bytedance schmiedet eine Auto-Allianz für KI-Themen. China mischt bei KI vorn mit, obwohl der Zugang zu den High-End-Chips fehlt. Gerade diese heutige Chip-Not könnte China, dessen Wirtschaft autark werden soll, langfristig sogar voranbringen.
Von Marcel Weiß
Die KI-Entwicklung wird international stark dominiert von Amerika. Neben der Konzentration von gestalterischem Marktmachtpotential hat das auch ganz handfeste Konsequenzen im Hier und Jetzt bei der Nutzung von KI. So unterstützt GPT-4o zwar über 95 Sprachen, aber natürlich beherrscht das Modell nicht jede Sprache so gut wie Englisch. Bereits Claude 3.5 Sonnet, das ebenfalls aus Amerika kommt, soll bei Sprachen wie Spanisch, Japanisch oder Französisch besser arbeiten als GPT-4o.
Bau des Alibaba Damo Institute South Lake Park Lakeside Laboratory in Hangzhou, China 2023 Imago
Die Künstliche Intelligenz (KI) ChatGPT gibt es auch als App fürs Smartphone. Dort kann man mit den künstlichen Stimmen von „Juniper“, „Breeze“ oder „Maple“ Gespräche führen. Nicht allerdings im neuen erweiterten Sprachmodus, den Open AI vor Kurzem eingeführt hat. Denn der gilt, zumindest in der Europäischen Union, als „hochriskant“.
Von Marcus Schwarze
Die Europäische Union (EU) hat in ihrer KI-Verordnung vier Risikoklassen festgelegt: „Inakzeptable Risiken“ enthalten Systeme, die Menschen gefährden, etwa Social-Scoring-Bewertungen durch Behörden oder Spielzeug, das gefährliches Verhalten empfiehlt. Sie sind verboten. „Hochriskant“ sind KI-Systeme, die kritische Infrastruktur steuern oder bei der Berufsausbildung Prüfungen bewerten. Selbst Sortierprogramme zur Auswertungen von Bewerbungsunterlagen zählen dazu. Die dritte Stufe der „begrenzten Risiken“ benennt Systeme, die mit mangelnder Transparenz bei der KI-Nutzung verbunden sind. Menschen müssen stets erkennen können, wenn sie mit einer Maschine kommunizieren. An vierter Stelle rangieren Systeme mit minimalen oder keinen Risiken – zum Beispiel Empfehlungs-KIs für Playlists in
Musikprogrammen.
Die japanische Softbank Group soll Berichten zufolge 500 Millionen Dollar in Open AI investieren. Nach einer neuen Investitionsrunde könnte Open AI eine Bewertung von 150 Milliarden Dollar erhalten. Apple soll sich unterdessen aus den Verhandlungen zurückziehen.
Der kalifornische Gouverneur Gavin Newsom
hat ein umstrittenes Gesetz zur KI-Sicherheit abgelehnt, das Unternehmen verpflichtet hätte, sicherzustellen, dass ihre KI-Modelle keinen größeren Schaden verursachen. Das Gesetz hätte die erste und eine der folgenreichsten KI-Regulierungen in den USA sein können, angesichts Kaliforniens zentraler Position im Tech-Ökosystem.
Bytedance
, das chinesische Mutterunternehmen von TikTok, plant, ein neues KI-Modell hauptsächlich mit Huaweis Ascend 910B-Chips zu entwickeln. Das Unternehmen soll bereits mehr als 100.000 Ascend 910B-Chips von Huawei bestellt haben, die als Alternative zu Nvidias leistungsstarken A100 Chips gehandelt werden.
Technologiechefin Mira Murati
verließ Open AI vergangene Woche. Sie spielte eine zentrale Rolle bei der Markteinführung des Sprachmodells ChatGPT.
Das deutsche Bildungssystem befindet sich in einer tiefgreifenden Krise. Diese ist geprägt von Unzufriedenheit auf beiden Seiten des Pults, einem Mangel an Fachkräften und eingeschränkter Chancengerechtigkeit. Jetzt kommt auch noch die KI dazu. Das bringt neue Herausforderungen – aber es gibt Lösungen.
Von Anika Limburg und Joscha Falck
Derzeit wächst in deutschen Schulen eine digitale Kluft. Diese verschärft die Entfremdung zwischen Lehrenden und Lernenden weiter. Die stetig wachsende Bedeutung von Künstlicher Intelligenz im Lernalltag zeigt, dass Schule ihre Rolle in der Lebenswelt der Lernenden neu definieren muss, um sinnstiftendes Lernen und zukunftsfähige Bildung zu gewährleisten.
Laut einer Befragung der Robert Bosch Stiftung fühlt sich lediglich ein Fünftel aller Lehrkräfte kompetent im Umgang mit digitalen Medien im Unterricht. dpa
Ein internes Dokument über die Videoproduktion des populärsten Youtube-Kanals der Welt zeigt, wie minutiös die Metriken des Rankingalgorithmus von Youtube auf die Inhalte einwirken. Kreativschaffende versuchen, sich von der Plattformabhängigkeit zu emanzipieren.
Von Marcel Weiß
Zur neuen Medienrealität gehört heute, dass die populärsten Inhalte auf YouTube diejenigen Medienunternehmen hervorbringen, die ihre durchoptimierten Inhalte zum Beispiel auch an Netflix lizensieren. Es gilt: Produkte werden durch ihre Distribution geformt. Medikamentenverpackungen werden so gestaltet, dass sie leicht in Apothekenschränken präsentiert und sicher transportiert werden können. Supermarktprodukte wie Müslipackungen sind etwa so konzipiert, dass sie effizient in den Regalen platziert werden können und den Kunden möglichst ins Auge stechen.
Youtuber Jimmy Donaldson alias MrBeast bei den Nickelodeon Kids Choice Awards 2023. dpa
Die Kurse fast aller chinesischen Techunternehmen sind nach den Höchstständen im Jahr 2021 eingebrochen. Da Anbieter wie BYD, Huawei, Xiaomi, Baidu oder Tencent in ihren Märkten gut dastehen, greifen Investoren aus aller Welt nun wieder zu.
Von Holger Schmidt
Investoren in chinesische Tech-Aktien haben drei harte Jahre hinter sind. Erst eine brachiale Regulierung der gesamten Branche und dann eine schwache Konjunktur haben die Kurse vieler Unternehmen abstürzen lassen. Parallel sind die Investitionen in Start-ups fast zum Erliegen gekommen, und viele Gründer erfolgreicher Unternehmen wie Jack Ma von Alibaba oder Zhang Yiming von der Tiktok-Muttergesellschaft Bytedance haben sich aus Frust zurückgezogen.
Die Ausgaben der führenden Digitalkonzerne für Forschung und Entwicklung haben in den vergangenen zwei Jahren neue Höchststände erreicht, angetrieben vom intensiven Wettbewerb in der Künstlichen Intelligenz.
Von Holger Schmidt
Die Digitalkonzerne bereiten sich mit immensen Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) auf tiefgreifende Veränderungen und potentielle Durchbrüche in den kommenden Jahren vor. Künstliche Intelligenz, autonomes Fahren, AR-Brillen und sogar Quantencomputing sind nach Jahren intensiver Forschung inzwischen (fast) einsatzbereit und sollen die nächsten großen Wachstumsschübe bringen.
Nvidia-Chef Jensen Huang befürwortet den Einsatz von nuklearer Energie, um die wachsende Menge der Rechenzentren mit Strom zu versorgen. Man werde auch Energie aus anderen Quellen benötigen und „die Verfügbarkeit und die Kosten von Energie sowie die Nachhaltigkeit im Laufe der Zeit ausgleichen müssen“, sagte Huang in einem Interview.
In einer Bitkom-Umfrage gaben 63 Prozent der befragten Firmen an, dass der Aufwand für den Datenschutz im vergangenen Jahr zugenommen hat. Zudem erklärten 70 Prozent, dass sie die Digitalisierung durch den Datenschutz gehemmt sehen.
Das US-Start-up
Serve Robotics, das Essen für Uber Eats mit Hilfe von Gehsteigrobotern ausliefert, will zusammen mit dem Alphabet-Unternehmen Wing Aviation Drohnen für Essenslieferungen testen. In Texas soll ein Pilotversuch stattfinden, bei dem Serve-Roboter Lebensmittel von Restaurants abholen und sie an Wing-Drohnen für die Auslieferung aus der Luft weitergeben.
Der Hochlauf der Elektromobilität könnte in Europa kaum ungleicher verlaufen: Während der Absatz von Elektroautos in Deutschland in den ersten acht Monaten im Vergleich zum Vorjahr eingebrochen ist, verzeichneten Länder wie Belgien und Dänemark starke Zuwächse.
Von Holger Schmidt
Konkret wurden zwischen Januar und August in Europa 121 Millionen neue Elektroautos zugelassen, verglichen mit 128 Millionen im Vorjahreszeitraum. Während die Neuzulassungen in Deutschland um 32 Prozent auf rund 240.000 Einheiten zurückgingen, verzeichnete Großbritannien einen Zuwachs von 11 Prozent auf 214.000 Fahrzeuge. Insgesamt gingen nach Berechnungen des Center of Automotive Management (CAM) die Zulassungen in Europa in diesem Jahr um rund 55 Prozent zurück.
BYD verkaufte im September erstmals mehr als 400.000 Fahrzeuge und erreicht damit einen neuen Rekord. Mit insgesamt 2,75 Millionen verkauften Einheiten in den ersten neun Monaten des Jahres nähert sich BYD seinem Jahresziel von 4 Millionen Fahrzeugen.
Käufer von Elektroautos bevorzugen Modelle aus dem SUV-Segment, zeigt
eine Auswertung des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft. Im ersten Halbjahr waren in Deutschland 56 Prozent der vollelektrischen Neuwagen SUVs. Nur 26 Prozent der Käufer von Elektrofahrzeugen griffen zu Klein- und Kompaktwagen.
Volkswagen senkt den Listenpreis für sein günstigstes EV-Modell ID.3 stark und reagiert damit auf die Konkurrenz aus China. Das Ziel sei, „möglichst viele Kundinnen und Kunden für den Umstieg auf elektrische Volkswagen“ zu begeistern, sagt Achim Schaible, Sprecher der VW-Geschäftsführung.
Weil Führungskräfte des
Tesla-Werkes in Grünheide kranken Mitarbeitern Hausbesuche abstatteten, entbrannte eine Debatte um diese Maßnahme. Grund für die Hausbesuche soll ein hoher Krankenstand von phasenweise bis zu 15 Prozent sein. Firmenchef Elon Musk wolle sich persönlich ein Bild von der Lage machen, teilte er auf X mit.
Die Künstliche Intelligenz (KI) entwächst den Kinderschuhen. Agenten und Assistenten übernehmen gezielt Aufgaben – und arbeiten bei Bedarf sogar autonom zusammen.
Von Marcus Schwarze
Das Zuweisen einer Rolle bleibt das Geheimnis eines guten Prompts. „Du bist ein Kinderbuchautor. Schreib eine Geschichte über …“, lautet dann beispielsweise der Beginn einer Anweisung an die KI, und schon weiß die Maschine etwas besser, in welchem Kontext sie agieren soll. Die wesentlichen W-Fragen – wer, was, wie, für wen – sind mit dem einzigen Wort „Kinderbuchautor“ geklärt, die Antwort dürfte bessere Ergebnisse liefern als ohne diese Rolle.
So stellt sich die KI nach entsprechender Anleitung die Assistenten vor. Bild: Marcus Schwarze/Midjourney, KI-generiert
Der Facebook-Konzern Meta hat eine Brille vorgestellt, die ihren Träger nicht aus der Realität entrückt aussehen lässt: Das Modell Orion hat transparente Gläser und projiziert eine Augmented Reality (erweiterte Realität) in ein holographisches Display. Und die Brille kann noch mehr.
Von Marcus Schwarze
Anders als die mehr als ein halbes Kilogramm schwere Vision-Pro-Brille von Apple wiegt die Orion lediglich 100 Gramm. Wer die Orion trägt, hat somit kein Brett vor dem Kopf, erinnert aber vom Aussehen her an die Panzerknacker bei Donald Duck. Das schwarze Gestell ist im Vergleich zu einer normalen Brille zentimeterdick und wirkt nerdig, doch bleiben die Augen von außen sichtbar – ein wichtiges Momentum, das auch Meta hervorhebt: „Orion überbrückt die physische und die virtuelle Welt und stellt die Menschen in den Mittelpunkt, damit sie in der Welt präsenter, vernetzter und gestärkter sein können.“
Die Herstellung einer einzigen Orion-Brille kostet laut Meta 10.000 Dollar. Bloomberg