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Googles neue Wunderwaffe
Vor zwei Jahren leistete Sundar Pichai, der CEO von Google, so etwas wie einen Offenbarungseid: „Wir fahren in einem aufgemotzten Honda Civic ein Rennen gegen Sportwagen.“
So kommentierte Pichai den ersten Versuch seines Unternehmens, mit einem eilig zusammengebauten KI-Modell namens „Bard“ dem jungen Gipfelstürmer Open AI Paroli zu bieten. Die KI erzeugte skurrile Resultate, brachte Google viel Häme ein und weckte die Befürchtung, selbst ein bis dato höchst erfolgreicher Tech-Gigant könne an der Transformation ins KI-Zeitalter scheitern.
Holger Schmidt
Verantwortlicher Redakteur für Newsletter und Verticals.
Seitdem hat Google einen der smartesten Strategieschwenks der Geschichte geschafft – und sich in Rekordzeit an die Spitze der KI-Entwicklung gesetzt. Der Lohn: In diesem Zeitraum hat sich der Aktienkurs verdreifacht. In der Liste der wertvollsten Unternehmen der Welt hat die Google-Muttergesellschaft Alphabet dem Konkurrenten Microsoft erstmals nach sieben Jahren überholt. Die Wetten, dass Alphabet schon bald auch Nvidia und Apple an der Spitze ablösen wird, stehen gut.
Dieser Erfolg ruht auf drei Fundamenten:
Erstens: Das neue KI-Modell Gemini 3 ist – um im Bild zu bleiben – kein Honda Civic mehr, sondern der neue Maserati der Branche. Führend in nahezu allen Vergleichen mit der Konkurrenz bringt Gemini 3 selbst eingefleischte ChatGPT-Fans zum Wechsel. Das Gleiche gilt für die Bild-KI Nano Banana.
Zweitens: Der Wandel von der klassischen Suchmaschine zum KI-Antwortgeber ist geglückt. Mehr als das: Google verdient mit KI-Antworten sogar mehr Geld als mit den „blauen Links“, da die rund zwei Milliarden Nutzer dem Unternehmen treu geblieben sind – und die Konkurrenz es bisher versäumt hat, ihre Chatbots als „First Destination“ für Werbung und Online-Handel zu machen oder mit ihren Browsern signifikante Marktanteile zu erobern.
Drittens: Mit eigenen Chips für den Betrieb seiner Rechenzentren hat sich Google nicht nur eine kostengünstige Alternative zu Nvidia geschaffen, sondern gleichzeitig die Abhängigkeit gesenkt. Damit ist Google der einzige „Full Stack Anbieter“ in der KI, der alle wesentlichen Komponenten von den Chips über das Modell bis zum Endkundenkontakt in einer Hand hält.
Googles nächste Schritte deuten sich schon an: Die KI ersetzt die bislang mühsame Produktrecherche durch einen intelligenten Shopping-Assistenten – und zementiert Googles Pole-Position in der Werbung. Diese Position mit dem Apple-Deal als KI-Lieferant für die iPhones zu festigen, ist strategisch ebenfalls brillant. Dass Google nun wieder alle Fäden in der Hand hält, hat auch Warren Buffett erkannt. Seine Investition in die Aktie war der Ritterschlag für diese spektakuläre Aufholjagd.
Wir wünschen eine interessante Lektüre unseres Briefings!
Mit dem passenden Prompt erstellt Google Gemini 3 Pro eine um architektonische Daten ergänzte Darstellung vom Deutschen Eck in Koblenz. Screenshot: Marcus Schwarze, Google Gemini, KI-generiert
Amazon investiert 50 Milliarden Dollar in KI für US-Behörden. Vom kommenden Jahr an sollen dafür neue Datenzentren mit etwa 1,3 Gigawatt Leistung entstehen. Das Ziel ist, die Behörden mit spezialisierten KI-Diensten wie Sage Maker und Bedrock zu versorgen, um die USA im globalen KI-Wettlauf nach vorne zu bringen.
Die US-Regierung hat einen Entwurf für eine Verfügung auf Eis gelegt, die bundesweit staatliche KI-Gesetze aushebeln
sollte. Der Plan sah vor, mit Klagen und Fördermittelentzug gegen strengere KI-Regeln einzelner Bundesstaaten vorzugehen. Sowohl Republikaner als auch Demokraten hatten scharf protestiert.
Open AI hat ein KI-basiertes Einkaufsassistenz-Modell gestartet. Basierend auf GPT-5 mini durchsucht es das Web nach Angeboten, schlägt Produkte vor und lernt aus Nutzer-Feedback. Ziel ist es, Amazons Vorherrschaft im Onlinehandel anzugreifen, indem die KI Bewertungen analysiert und „Low-Quality“-Websites meidet.
In den USA wurden in diesem Jahr bereits 48.414 Jobstreichungen ausdrücklich mit KI begründet, davon 31.000 allein im Oktober. Immer mehr Konzerne führen Effizienzgewinne mit KI als Grund für Personalabbau an. Beobachter warnen allerdings vor „KI-Washing“, da KI teils als Vorwand für ohnehin geplante Kürzungen genutzt werde.
In MINT-Berufen nutzen 77 Prozent der Fachkräfte in Deutschland KI-Tools wie ChatGPT oder Google Gemini, oft ohne Wissen des Arbeitgebers. Eine Umfrage ergab, dass zwei Drittel der Befragten auf nicht offiziell freigegebene KI-Anwendungen zurückgreifen, sogenannte Schatten-IT.
Beschäftigte, die KI täglich einsetzen, fühlen sich laut einer PwC-Umfrage produktiver und sicherer im Job.
92 Prozent der täglichen GenAI-Nutzer berichteten von Leistungssteigerungen und mehr als die Hälfte erzielten sogar Gehalts- und Karrierevorteile, da sie mehr leisten als Beschäftigte, die auf KI verzichten.
Der neue Innovationsindikator von BDI und Roland Berger attestiert deutschen Unternehmen eine hohe Wissensgenerierung, aber geringe Kommerzialisierung neuer Technologien. Besonders groß ist der Rückstand bei Digitalisierung und Dateninfrastruktur, verbunden mit Folgen für den Einsatz Künstlicher Intelligenz.
Revolut erreicht nach einer neuen Anteilstransaktion
eine Bewertung von 75 Milliarden Dollar und zählt damit zu Europas wertvollsten privaten Techfirmen. Das Fintech mit Sitz in London expandiert aggressiv international und steigert Umsatz und Gewinn deutlich. Revolut will bis 2027 rund 100 Millionen Kunden bedienen und in 30 neue Märkte vordringen.
Europas Gründer kämpfen 2025 vor allem mit Finanzierung und Wachstum. Die ausgeprägte Risikoaversion schreckt viele Investoren ab, was vor allem Deeptech- und KI-Gründungen bremst. Dadurch entsteht ein struktureller Nachteil gegenüber den USA, wo Kapital schneller fließt, Skalierung einfacher ist und mutigere Geschäftsmodelle eher Unterstützung finden.