Donald Trump hat kein Problem damit, offensichtlich Gesetze zu brechen. Auch in Deutschland wird behauptet, die Achtung des Rechts sei in Gefahr.
In den vergangenen 24 Stunden blickten viele Deutsche gespannt nach Washington: Friedrich Merz war zum Antrittsbesuch bei Donald Trump. Der US-Präsident hat diese Woche abermals deutlich gemacht, dass ihn Gesetze nur eingeschränkt interessieren. Unsere Gastautorin Michaela Hailbronner, Professorin für internationales öffentliches Recht und Rechtsvergleichung an der Universität Münster, hat für Sie aufgeschrieben, warum sich Trump in den Vereinigten Staaten damit auch bei konservativen Juristen zunehmend unbeliebt macht.
Auch dem Kanzler wird vorgeworfen, das Recht zu brechen. Nachdem das Verwaltungsgericht Berlin am Montag in drei Eilentscheidungen die Zurückweisung von Asylsuchenden an der Grenze als rechtwidrig eingestuft hat, fühlen sich etliche Juristen in ihren Einwänden gegen Merz’ Migrationspolitik bestätigt. Die Berliner Verwaltungsrichter sind aber weder für alle Grenzabschnitte zuständig noch haben sie ein Recht auf ungebremste Einreise postuliert. Unsere Korrespondentinnen Marlene Grunert und Mona Jaeger haben sich die Beschlüsse angesehen – im Einspruch Podcast vertiefen Reinhard Müller und ich die Hintergründe.
Ein nüchterner und differenzierter Blick hilft nicht nur beim Verständnis asylrechtlicher Entscheidungen, sondern auch beim Schutz der Verfassung. Unser Gastautor Frank Schorkopf, Staatsrechtsprofessor an der Georg-August-Universität Göttingen, hat beobachtet, dass manch selbst ernannter Schützer einer „liberalen Demokratie“ die Freiheit des Meinungskampfes stark einschränkt. Er plädiert für eine Demokratie ohne Adjektive. Rheinland-Pfalz betritt unterdessen rechtliches Neuland, um Verfassungsfeinden Grenzen zu setzen – unser Korrespondent Timo Steppat berichtet.
Sie interessieren sich eher für Straf- oder Zivilrecht? Dann empfehle ich Ihnen die Lektüre der Texte von Marcus Jung und Anna Pfister zu den Urteilen im Cum-Ex-Skandal und zur Studienplatzvermittlung. Letztere Entscheidung dürfte auch für viele Abiturienten von Interesse sein, die in diesen Tagen ihre Klausuren schreiben.
Was denken Sie zu den Gerichtsurteilen dieser Woche? Wir freuen uns über Ihre Anregungen zum Briefing. Schreiben Sie gerne an redaktioneinspruch@faz.de.
Anders als der Tea Party geht es Donald Trump nicht darum, dass sein Verfassungsverständnis richtig ist. Das führt zu Verwerfungen mit konservativen Rechtswissenschaftlern.
Von Michaela Hailbronner
Das Verhältnis der Vereinigten Staaten zum Recht und zu den Gerichten ist seit langer Zeit ein skeptischeres als in Deutschland. Immer wieder regt sich fundamentale Kritik an der Letztentscheidungsbefugnis von Gerichten, gelegentlich auch Widerstand. Zugleich blieb aber die amerikanische Verfassung für die Politik immer ein zentraler Referenzpunkt, für Demokraten wie Republikaner. Das gilt nicht mehr für Trump und seine Anhänger.
Er gerät auch mit ehemaligen Mitstreitern in Konflikt: US-Präsident Donald Trump. dpa
Nach den Berliner Eilbeschlüssen, die Zurückweisungen Asylsuchender für rechtswidrig erklärten, betonen Merz und Dobrindt den vorläufigen Charakter der Entscheidung. Wie argumentiert das Gericht?
Von Marlene Grunert und Mona Jaeger
Die Rede von Friedrich Merz beim Kommunalkongress des Deutschen Städte- und Gemeindebundes war schon länger geplant, aber das Publikum passte gut zu den tagesaktuellen Bemerkungen, die der Kanzler machen wollte. Schließlich hatte Merz die Notwendigkeit einer Migrationswende wiederholt mit der Überlastung der Kommunen begründet.
Während die Bundespolizei an der deutsch-polnischen Grenze weiterhin kontrolliert, bleibt die rechtliche Grundlage für Zurückweisungen umstritten. dpa
Im Cum-Ex-Prozess kommt Kai-Uwe Steck mit einer milden Strafe davon. Wann er die Beute zurückzahlt, bleibt weiter offen.
Von Marcus Jung, Siegburg
Ein Jahr und zehn Monate auf Bewährung: Ein Raunen geht durch den Sitzungssaal in Siegburg bei Bonn, als der Vorsitzende Richter Sebastian Hausen am Dienstagmittag das Strafmaß im Prozess gegen Kai-Uwe Steck verkündet. Die 12. Große Strafkammer des Landgerichts Bonn verurteilt den Rechtsanwalt, eine der zentralen Figuren im Cum-Ex-Skandal, wegen besonders schwerer Steuerhinterziehung in fünf Fällen zu einer milden Freiheitsstrafe, trotz eines, wie es Hausen sagt, Steuerschadens von „rund einer halben Milliarde Euro“.
Zu einer Bewährungsstrafe verurteilt: Cum-Ex-Kronzeuge Kai-Uwe Steck. dpa
Wenn der Abischnitt nicht für ein Medizinstudium in Deutschland reicht, versuchen es viele im Ausland. Nun hat sich der BGH mit dem Geschäftsmodell von Vermittlungsagenturen beschäftigt.
Von Anna Pfister
Traumjob: Leben retten. Das Medizinstudium ist nach wie vor einer der beliebtesten Studiengänge unter Abiturienten. Wer angesichts der hohen Nachfrage oder mangels einer geeigneten Abiturnote keinen Studienplatz an einer deutschen Universität erhält, versucht es teilweise im Ausland. Manche Bewerber beauftragen dafür professionelle Vermittlungsfirmen. Mit der Gebühr, die sie für diesen Service zahlen müssen, hat sich nun der Bundesgerichtshof (BGH) beschäftigt.
Begehrter Studienplatz: Medizinstudenten üben im „Skills Lab“ der Medizinischen Hochschule Hannover. dpa
Historisch betrachtet, haben Grund- und Menschenrechte entscheidend dazu beigetragen, Wahrheitsansprüche zurückzudrängen. In der Gegenwart mutieren sie immer wieder zu einem Instrument neuer Wahrheitsansprüche der wenigen gegen die vielen. Das ist problematisch.
Von Frank Schorkopf
Das dänische Parlament, der Folketing, hat vor mehreren Jahren mit einer Gesetzesänderung auf ein soziales Phänomen reagiert: In bestimmten Stadtvierteln hatten sich mehrheitlich „Einwanderer und ihre Nachkommen aus nicht-westlichen Ländern“ niedergelassen. Die Politik wollte dieser Entwicklung nicht tatenlos zusehen. Seit den 2010er-Jahren verpflichtet ein Gesetz über das öffentliche Wohnungswesen Gemeinden dazu, Entwicklungspläne aufzustellen und sogar Mietverträge zu kündigen. Parallelgesellschaften sollen vermieden, eine andere soziale Mischung erreicht und die Integration verbessert werden.
Ort der Demokratie: Sitzung des Folketings in Kopenhagen. Reuters
Beim Deutschen Anwaltstag diskutieren Politiker über einen besseren Zugang zum Recht. Sie fordern eine höhere Anwaltsvergütung und eine modernisierte Justiz.
Von Anna Pfister
Wer den deutschen Rechtsstaat stärken will, muss den Zugang zum Recht erleichtern. Darüber waren sich Rechtspolitiker von CDU/CSU, SPD, Grünen und Linke bei der rechtspolitischen Runde des Deutschen Anwaltstags einig. „Rechtsstaatlichkeit stärken, Freiheit bewahren“ lautet das Motto des diesjährigen Anwaltstages, zu dem in dieser Woche rund 1700 Teilnehmer in Berlin erwartet wurden.
Sie will mehr Geld für Anwälte: Carmen Wegge, rechtspolitische Sprecherin der SPD-Bundestagsfraktion. dpa
Was nach einer klaren Empfehlung des Arztes klingt, ist in Wahrheit ein vielschichtiges Thema für Arbeitsrechtler und Personalabteilungen. Arbeitgeber stehen dabei oft vor schwierigen Entscheidungen zwischen Mitarbeiterwohl und Unternehmensinteresse.
Koalitionsverträge kommen immer wieder in juristischen Prüfungen dran. Wir haben zusammengefasst, was Prüflinge wissen müssen.
Michael Hördt für das IQB Karrieremagazin
VERANSTALTUNGSKALENDER
Karriereevents für Juristen
Hier finden Sie auf einen Blick alle Events rund um die juristische Karriere – für alle, die in der Rechtsbranche beruflich ein- oder aufsteigen wollen.
Hier endete zunächst die Reise der drei Somalier: Grenzkontrolle am deutsch-polnischen Grenzübergang Stadtbrücke in Frankfurt/Oder. dpa
Wir schauen auf die Beschlüsse des Berliner Verwaltungsgerichts zu Zurückweisungen an der Grenze und befragen Sachsens Justizministerin Constanze Geiert (CDU) dazu. BGH-Präsidentin Bettina Limperg sagt, die Justiz sei nicht politisiert.
Rheinland-Pfalz will die Mittel für Parlamentsmitarbeiter streichen, die als verfassungsfeindlich gelten. Die Initiative wird breit getragen. Was könnten die Folgen sein?
Von Timo Steppat, Mainz
Rheinland-Pfalz will als erstes Bundesland die finanziellen Mittel für Mitarbeiter von Abgeordneten und Fraktionen streichen, die als verfassungsfeindlich gelten. Am Dienstagnachmittag stellte Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD) einen Gesetzentwurf vor, den die regierungstragenden Fraktionen der Ampelkoalition (SPD, Grüne und FDP) sowie die oppositionelle CDU ins Parlament einbringen wollen. „Der Staat soll nicht diejenigen bezahlen, die gegen ihn arbeiten“, sagte Hering.
Er soll im Einzelfall entscheiden: Landtagspräsident Hendrik Hering (SPD). dpa
Der Vermieter der AfD-Bundesgeschäftsstelle hat eine Räumungsklage gegen die Partei beim Berliner Landgericht eingereicht. Er wirft ihr vor, gegen Mietrecht verstoßen zu haben. Die Partei sucht jetzt ein neues Gebäude.
Das Bezirksgericht von Tel Aviv hat Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zum Kreuzverhör wegen Korruptionsvorwürfen geladen. Netanjahu nannte das Verfahren während seines Auftritts vor der Justiz einen „Witz“.
Die Deutsche Welle muss ihrem früheren Programmdirektor Christoph Lanz weiter „Ruhegeld“ zahlen. Das entschied das Arbeitsgericht Berlin. Die Vereinbarung sei nicht sittenwidrig.
Das Landgericht Frankfurt hat entschieden,
dass die F.A.Z. im Fall der umstrittenen Auslandsreisen des früheren hessischen Grünen-Landesvorsitzenden Ewald weiterhin verbreiten darf, dass die Partei auf Wunsch der Bundestagsverwaltung monatelang nach Kräften gelogen hat. Unser Korrespondent Ewald Hetrodt hatte auch für F.A.Z. Einspruch darüber berichtet.
Ausblick
Dienstag, 10. Juni 2025
Leipzig: Beginn des Hauptsacheverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht zum Verbot des rechtsextremen Magazins „Compact“.
Mittwoch, 11. Juni 2025
Bremerhaven: Innenministerkonferenz der Bundesländer.
Wiesbaden: Verhandlung des Staatsgerichtshofs zum Corona-Untersuchungsausschuss.
Donnerstag, 12. Juni 2025
Luxemburg: Tagung des Ministerrates Inneres und Justiz der EU.