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Freitag, 13.06.2025 | Zur Online Ansicht
 
 Frankfurter Allgemeine
LITERATUR
Liebe Leserinnen und Leser,
gerade sieht Elena noch eine Waffe auf sich gerichtet, als plötzlich die Tür zum Ausgang aufgestoßen wird und ein gewisser Grigori die Szene betritt. Zwischen dem Knall der Tür und der Erleichterung, dass es Grigori ist, der sie aufgestoßen hat, findet sich in der Geschichte von K. C. Crowne der Hinweis, in die folgende Passage seien jetzt zusätzlicher Humor und eine kurze sexy Beschreibung von Grigori eingearbeitet worden.
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Fridtjof Küchemann
Redakteur im Feuilleton.
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„Ich habe die Stelle umgeschrieben und dem Stil von J. Bree angenähert, der mehr Spannung enthält, düstere Untertöne, rohen emotionalen Subtext unter den übernatürlichen Elementen“, heißt es an einer Stelle bei Lena McDonald, als sich ein Mann namens Roman gerade zwischen die Ich-Erzählerin und einen ominösen Spiegel geschoben hat.

Anfang der Woche bin ich in einer Kolumne Detlef Diederichsens in der „taz“ auf diese offenen Auseinandersetzungen in Büchern, wie zu erzählen sei, gestoßen. Sie hat mich an eine Jahrzehnte zurückliegende Lektüre erinnert, an die jugendliche Begeisterung, mit der ich Anfang der Neunzigerjahre „In Schwimmen-Zwei-Vögel“ (wie das Buch damals noch hieß) von Flann O‘Brien gelesen habe.

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Als vor bald 59 Jahren dieser wichtigste Roman des irischen Schriftstellers in der F.A.Z. vorgestellt wurde, damals unter dem Titel „Zwei Vögel beim Schwimmen“ (zu guter Letzt wurde „Auf Schwimmen-Zwei-Vögel“ daraus, denn „Swim-Two-Birds“ ist nicht nur eine geographische Bezeichnung, es handelt sich um eine Insel), war Flann O’Brien, eigentlich Brian O’Nolan, den es hier endlich zu entdecken galt, bereits seit zweieinhalb Monaten tot.

„Es ist“, schrieb Erika Joerden damals in der F.A.Z. über „At Swim-Two-Birds“, „ein Roman über einen Mann, der einen Roman schreibt über einen Mann, der einen Roman schreibt, dessen Gestalten ihrerseits Geschichten über und gegen ihren Autor erzählen.“ Besagte Gestalten haben nämlich herausgefunden, dass sie, wenn ihr Verfasser schläft, nicht nur endlich das Leben führen können, von dem sie dessen elende Geschichten die ganze Zeit abhalten. Sie merken auch, dass sie den Spieß umdrehen und ihrerseits über ihren Autor schreiben können. Einig sind sie sich dabei allerdings nicht.

„Dieser ausgefallene Kram, könnten Sie den nicht weglassen oder es kürzer machen, Sir?“, wird Orlick gefragt, kaum hat er drei literarisch vielleicht etwas überambitionierte Seiten seines Manuskripts vorgetragen. Ob Trellis, ihr gemeinsamer Autor, nicht wenigstens fürs Erste eine Krampfader quer über die Kopfhaut kriegen könnte, nahe am Gehirn, schlägt Furriskey vor. Oder, empfiehlt Shanahan, in eine Betonmischmaschine fallen? Furriskey ist Feuer und Flamme: „Wenn Sie unseren Helden aus der Betonmischmaschine nehmen, legen Sie ihn rücklings auf die Straße und geben Sie der Dampfwalze volle Kraft voraus …“ Sie ahnen schon: Orlick hat einen schweren Stand. „Ich hab mir einige höchst verschlungene Leiden für Mr. Trellis ausgedacht“, versucht er es tapfer noch einmal, „ich will ihn mit einem Plusquamperfekt durchbohren.“

Heute sorgen die Fälle von K. C. Crowne und Lena McDonald für einige Aufregung in einhelligen Diskussionsforen im Internet: Hier muss es sich um Reste von Rückmeldungen handeln, die auf den Gebrauch Künstlicher Intelligenz beim Schreiben schließen lassen. Da sind sich alle einig. Grundsätzliche Empörung über deren Einsatz mischt sich mit Spott über das Missgeschick, die Spuren nicht wenigstens sorgfältig zu verwischen.

Auch wenn im Folgenden zusätzlicher Humor eingearbeitet worden sein mag: An Komik sind die Einschübe in diesen Büchern wohl nicht zu überbieten. Für die Beflissenheit, die – „Certainly!“ – aus ihnen spricht, ist der Plusquamperfekt allerdings noch eine zu milde Strafe.

Greifen Sie zu den richtigen Büchern! Viel Spaß beim Lesen und ein schönes Wochenende

wünscht

Ihr Fridtjof Küchemann

 
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