Nimmt man zusammen, was aus Iran in den vergangenen Stunden zu hören war, dann führten wohl vor allem zwei Motive zur Entscheidung, wieder einen Luftangriff auf Israel zu führen: der Wunsch, die eigene Abschreckung wiederherzustellen, und der Wunsch, ein Signal der Stärke und Unterstützung an die eigenen Verbündeten von Jemen bis Libanon zu senden.
Genannt wurde auch Vergeltung für die Tötung des Hizbullah-Anführers Nasrallah. Angeblich war er ein enger Vertrauter von Irans oberstem Führer Khamenei.
Wenn die Zahlen stimmen, die über den Angriff bisher bekannt wurden, dann würde der Mitteleinsatz zu diesen Zielen passen. Iran feuerte 180 ballistische Raketen ab, etwa 60 mehr als bei seinem letzten Angriff im April. Damals wurden aber insgesamt etwa 300 Geschosse gemeldet, weil die Iraner auch Marschflugkörper und Drohnen einsetzten.
Eine wesentliche Steigerung der Eskaltionsstufe war das im Vergleich zum vorigen Mal nicht. Teheran musste außerdem wieder damit rechnen, dass der Großteil seiner Raketen abgefangen würde. So geschah es dann ja auch.
Militärisch gesehen war der Angriff nicht geeignet, das israelische Vorgehen gegen die Hizbullah zu unterbinden oder in größerem Maße zu behindern. Die iranische Führung will ihre Schattenarmee nicht fallenlassen, aber sie will für sie auch nicht aufs Ganze gehen. Offenbar ist man sich der Möglichkeiten Israels in Teheran schmerzlich bewusst.
Auf israelischer Seite dürfte sich das Kalkül im Vergleich zu den vergangenen Monaten allerdings verändert haben. Die Schwächung der Hizbullah vermindert Irans Möglichkeiten an der israelischen Nordgrenze. Das war stets ein wichtiger Faktor, den die israelische Führung zu bedenken hatte, wenn sie Angriffe auf Iran in Erwägung zog. Die Kommandostruktur der Hizbullah und ihre Führung sind stark getroffen, nach ersten Schätzungen hat die Terrororganisation die Hälfte ihres großen Raketenarsenals eingebüßt.
Völlige Handlungsfreiheit genießt Israel damit aber immer noch nicht. Die Hizbullah hätte immer noch Tausende Raketen, die den Abwehrschirm „Iron Dome“ stark unter Druck setzen könnten.
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Irans Atomprogramm ist weit fortgeschritten
Die Vergeltung, die Israel angekündigt hat, könnte also potentiell größer ausfallen als die eher symbolische im April. Eine grundlegende Frage, die Netanjahus Regierung zu entscheiden hat, ist, ob sie die Lage nutzt, um das iranische Atomprogramm anzugreifen. Der Erwerb einer Atombombe durch Iran wäre eine noch größere Bedrohung als all die anderen, denen sich der Staat Israel jetzt schon ausgesetzt sieht. Das Programm ist weit fortgeschritten, es gibt derzeit wenig Aussicht, es noch einmal diplomatisch einzuhegen.
Die neue regionale Ordnung, die Netanjahu herbeiführen will, kann es mit einem atomar bewaffneten Iran nicht geben, deshalb wird man diesen Schritt in Jerusalem ernsthaft in Erwägung ziehen. Die meisten arabischen Staaten hätten vermutlich Verständnis dafür.
Biden hatte am gestrigen Abend wieder zu lernen, dass der Kurs nicht in Washington bestimmt wird, sondern in der Region. Der Präsident kann seine Waffenstillstandspolitik nicht durchsetzen, weder in Gaza noch in Libanon, muss Israel aber verteidigen. Dass er bald abtritt, begrenzt seinen Einfluss.
Das Scheitern seiner Bemühungen zeigt aber auch, dass die vielen stark innenpolitisch motivierten Haltungsdebatten, die im Westen zu den Kriegen in Nahost geführt werden, an den Interessen der Akteure vorbeigehen: weder die Hamas, noch die Hizbullah, Israel oder Iran wollen aufgeben. Für die ersten drei geht es ums Überleben, womöglich bald auch für das Regime in Teheran.
In Berlin hat sich nun wenigstens der Bundeskanzler daran erinnert, an wessen Seite Deutschland in dieser äußerst schwierigen Lage stehen sollte. Zu Recht forderte er die Hizbullah und Iran auf, ihre Angriffe auf Israel einzustellen. Die Außenministerin hatte zuletzt den Eindruck erweckt, Deutschland betrachte Terrorführer wie den getöteten Hizbullah-Chef Nasrallah als Stabilitätsanker.
Scholz führt die UN-Resolution 1701 an, nach der die Hizbullah sich von der israelischen Grenze zurückziehen muss. Wenn das auf diplomatischem Weg erreichbar wäre, dann wäre es ein Fortschritt. Auch Berlin sollte seine (bescheidenen) Möglichkeiten nutzen, um es zu ermöglichen. Eine Lösung für die vielschichtigen Konflikte im Nahen Osten wäre es aber nicht. Israels Sicherheit bliebe prekär, nicht nur im Norden.
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