Um die Kanzlerkandidatur von Olaf Scholz sieht es nicht gut aus. Es vergeht kein Tag, an dem aus den eigenen Reihen heraus nicht angezweifelt würde, dass er der Richtige sei. Allein das genügt, um ihn zu schwächen und herbeizureden, was befürchtet wird: Er werde die Wahl verlieren und habe anders als 2021 keine Chance, den Rückstand auf Friedrich Merz aufzuholen.
Am Leben wird diese Debatte nur gehalten, weil es einen Mann gibt, auf den sich die Hoffnungen der Scholz-Gegner richten, Boris Pistorius, den Verteidigungsminister. Er ist beliebt, steht anders als Scholz ganz oben auf dem Umfrage-Treppchen. Keine Frage: eine verführerische Option für alle Abgeordneten, die Angst haben müssen, am 23. Februar ihr Mandat zu verlieren.
Das ist allerdings auch schon fast alles, was für Pistorius spricht. Er machte eine gute Figur im wichtigsten Ministerium, das es derzeit gibt. Er konnte sich allerdings nicht damit durchsetzen, die Bundeswehr ausreichend auszustatten. Er hat die Ausstrahlung, die Scholz nicht hat – ein Vorzug, der nicht Fähigkeit, sondern einfach da ist. Entweder man hat ihn oder man hat ihn nicht. Was Scholz dagegen auszeichnet: Er ist zäh.
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Die SPD-Führung wartet auf den Kamala-Harris-Moment
Ein Wort von Pistorius würde reichen, um die Debatte zu beenden. Er stehe nicht zur Verfügung, könnte er sagen. Pistorius sagt es aber nicht, hält damit die K-Frage offen. Jetzt schob er einen Satz nach, der ganz bewusst die Zweifel an Scholz nährt: „In der Politik sollte man nie irgendwas ausschließen“. Mit anderen Worten: Ich will, ich kann es machen.
Je länger sich die Sache hinzieht, desto fataler wird die Hängepartie für die SPD und Scholz. Es gibt nun kein Zurück mehr. Der Vorstand der Partei hat die Diskussion viel zu lange laufen lassen, als dass man sagen könnte, sie wolle sie nicht. Keiner der Führungsleute traut sich aus der Deckung, und es scheint, dass sie so lange warten wollen, bis der Kamala-Harris-Moment erreicht ist, bis aus dem „Grummeln“ der Ruf der Basis wird.
Ist die Partei aber tatsächlich willens, Pistorius dann zu folgen? Einem Mann, den auch in der SPD manch einer für einen „Kriegstreiber“ hält? Einem Mann, der nicht gerade den Kurs des Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich verfolgt hat? Einem Mann, der zwar gut ankommt, solange er Hoffnungsfigur ist, der aber noch nie beweisen musste, dass er Zugpferd der Partei sein kann? Einer Partei, die sichtlich gescheitert ist?
Solche Fragen können die SPD aber schon nicht mehr beschäftigen. Es sind noch knapp hundert Tage bis zur Wahl. Entweder die SPD richtet ihren Kandidaten zugrunde, oder sie wechselt jetzt das Pferd und setzt auf Pistorius.
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