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Der Burgfrieden
Die beiden Großen der Weltwirtschaft haben den nächsten Burgfrieden geschlossen. Wie lange er hält, ist völlig offen. Klar ist hingegen, wer die Verlierer sind.
Nach der intensiven Vorarbeit ihrer Verhandler über die vergangenen Wochen haben Donald Trump und Xi Jinping bei ihrem Treffen in Südkorea in mehreren Punkten eine Einigung
erreicht: China werde seine Ausfuhrbeschränkungen für Seltene Erden für zwölf Monate aussetzen und die Lieferung für Stoffe, die zur Herstellung der Droge Fentanyl dienen, unterbinden, erklärte Trump. Peking hat sich dazu bis zur Stunde nicht geäußert. Zugleich werde die Volksrepublik „riesige Mengen“ Sojabohnen aus Amerika kaufen, erklärte der US-Präsident. Die USA senken ihre Zölle auf chinesische Importe von 57 auf 47 Prozent. Die für Samstag angekündigten Zölle von 100 Prozent werde es auf absehbare Zeit nicht geben. Ist nun alles gut?
Keineswegs. Denn beide Staatschefs hatten den Finger schon wieder am Abzug. In einer Welt, die vor allem durch Reaktionen auf Drohgebärden gesteuert wird, lässt sich schlecht wirtschaften. Kein Wunder, dass der Vorstandsvorsitzende von Bayer, Bill Anderson, uns im Interview für den neuen Podcast von F.A.Z. PRO Weltwirtschaft gerade sagte, eigentlich könne in so einem Umfeld kein Konzern investieren. Und Joe Kaeser, der frühere Siemenschef
und heute einflussreiche Aufsichtsratschef, erzählte mir zur Wochenmitte im Interview, dass es nie zuvor eine Lage gegeben habe, in der Unternehmer und Vorstände in solch einer Unsicherheit lavieren mussten. Es reicht ein einziger Funke und die Drohspirale dreht sich von neuem.
Der Weltwirtschaft Auslandspodcast F.A.Z.
Beim Ringen des kommunistischen Diktators aus Peking mit dem vorbestraften Dealmaker aus Washington leiden nicht nur Anstand und Würde. Die multilaterale Ordnung, die keineswegs perfekt war, aber viele Millionen Menschen aus der Armut geführt hat, den Abstand zwischen Arm und Reich schmelzen ließ, ist durch eine Machtpolitik ersetzt worden, in der einzig das Recht des Stärkeren gilt. Kleinere und mittelgroße Volkswirtschaften bleiben auf der Strecke. Nach der Einigung in Südkorea grassiert in Südostasien die Furcht, aufgrund höherer Zölle nun wieder Exportchancen in den USA einzubüßen.
Noch schwerer wiegt die Aufrüstungsspirale. Trump hat nicht nur dem Verbündeten Australien Atom-U-Boote versprochen, sondern jetzt auch Südkorea. Zugleich erwidert er auf Putins Tests mit der Ankündigung erster Atomwaffentests seit 1992. Dass es beim Treffen von Xi und Trump, nach dessen Aussage, mit keinem Wort um Taiwan ging, spricht Bände. Der transaktional handelnde Amerikaner stand nie im Verdacht, großes Interesse an dem demokratischen Eiland vor Chinas Küste zu haben. Xi kann seine Drohpolitik dort fortsetzen.
Damit steht Asien vor der alten neuen Frage, wem es trauen soll: seinem selbsternannten Unterstützer China, oder seiner langjährigen Schutzmacht Amerika. Dort zählt in diesen Tagen nur, wer etwas zu bieten hat. So ist es dem australischen Ministerpräsidenten Anthony Albanese und der neuen japanischen Ministerpräsidentin Sanae Takaichi gelungen, sich für Abkommen über Seltene Erden Sicherheitsgarantien einzukaufen. Ob sie im Ernstfall viel wert sind, werden wir hoffentlich nie erfahren.
Dass es in dieser Lage für Deutschland und Europa klug ist, Trump zu hofieren, China aber die kalte Schulter zu zeigen, mag man bezweifeln. Kaeser hat auch hier eine klare Meinung und spricht mit Blick auf die Absage der Reise von Außenminister Johann Wadephul nach Peking von „
Arroganz und Bequemlichkeit“ und damit einer diplomatischen „Todsünde“. Für Diplomaten sind es schlechte Zeiten. Ihnen bleibt nur, Kanäle offenzuhalten. Und die Verbindungen zu Gleichgesinnten so rasch wie möglich zu festigen. Die sitzen nicht nur in Asien, sondern auch in Südamerika und Afrika. Die Beschaffungs- und Absatzmärkte in China und den USA können sie nicht ersetzen. Aber zumindest eine gewisse Absicherung bieten.
Ihr Christoph Hein
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Die Europäische Union hat für weitere Produkte und Dienstleistungen einen Export nach Russland verboten. Dies betrifft etwa Chemikalien, Baumaterialien und KI-Dienstleistungen, die die Rüstungsindustrie nutzen könnte. Weitere aktuelle Handelsliberalisierungen und -beschränkungen zeigt unsere interaktive Karte.
Die China-Politik des amerikanischen Präsidenten pendelt zwischen Ideologie und Instinkt, urteilt der frühere deutsche Botschafter in Washington.
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Xi Jinping gilt als guter Zuhörer. Wer den chinesischen Staats- und Parteichef persönlich treffen konnte, beschreibt ihn gerne mit positiven Adjektiven wie schlau, geduldig, höflich oder kontrolliert.
Rot könnte die Welt dominieren. Chinas Parteichef Xi Jinping. Reuters
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Jens Spahn drängt auf einen härteren Kurs gegenüber Peking: China habe unter Präsident Xi Jinping einen anderen Kurs genommen, sei autoritärer geworden. „Das Land hat sich massiv verändert, und wenn sich China verändert, dann muss sich unsere Position zu China verändern. Und das hat sie auch“, sagte der Unions-Fraktionschef im Gespräch mit F.A.Z. PRO Weltwirtschaft. Angesichts der Absage der China-Reise von Außenminister Johann Wadephul gibt Spahn damit Einblick in die Haltung der Bundesregierung gegenüber der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt.
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Am 22. Oktober ist eine der zentralen Vereinfachungsinitiativen der Kommission, der sogenannte „Nachhaltigkeits-Omnibus“, vorerst im Europäischen Parlament gescheitert. Trotz des ausgehandelten Kompromisses zerbrach die Mehrheit aus Christdemokraten, Sozialdemokraten und Liberalen – ein politisches Warnsignal.
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Sie fragen: Warum schaffen es afrikanische Länder nicht, zu prosperieren? Zwei Entwicklungsökonomen antworten: Meist liege es an der schlechten Wirtschaftspolitik der Regierungen.
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Mit ihrem Rohstoffreichtum und einer jungen, zunehmend besser ausgebildeten Bevölkerung verfügen viele afrikanische Länder eigentlich über gute Grundvoraussetzungen für wirtschaftlichen Erfolg. Die natürlichen Ressourcen erweisen sich jedoch meist als Fluch und nicht als Segen.
Sie fragen – wir lassen einen Experten antworten. Illustration: Katharina Hofbauer
Dem US-Präsidenten droht ein Pyrrhussieg: Ein Wertverlust des Dollars erhöhte die Gefahr von Finanzblasen und Wirtschaftskrisen, erklärt der Ökonom des Kiel Instituts.
Von Rolf J. Langhammer
Seit 2014 hat der Anteil des Dollars an den globalen Devisenreserven knapp 6 Prozentpunkte verloren und lag zuletzt bei 56 Prozent. Keine andere Währung, auch nicht der Euro mit seinem Anteil von 20 Prozent, stellt die Dominanz des Dollars als Reservewährung in absehbarer Zeit infrage. Doch nun könnte die disruptive und erratische Wirtschaftspolitik Donald Trumps einen schleichenden Bedeutungsverlust des Dollars als Reservewährung beschleunigen.
Die US-Notenbank hat ihren Leitzins um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent gesenkt. Zudem wird sie die quantitative Straffung, also die Verkürzung der in Krisenzeiten durch Anleihekäufe aufgebaute Bilanz, ab dem 1. Dezember beenden. Fed-Präsident Jerome Powell dämpfte zugleich Hoffnungen auf eine dritte Zinssenkung in Folge im Dezember.
Chinas Immobilienkrise geht weiter: Die Preise von Neubauten könnten um weitere 15 bis 20 Prozent sinken
, bevor sie sich stabilisierten, hieß es von der Ratingagentur Fitch in Shanghai. Seit vier Jahren belastet der Preisverfall die chinesischen Verbraucher, für die Immobilien eine wichtige Vorsorgeinvestition darstellen.
Der Ölstaat Saudi-Arabien wird aufgrund seiner Großprojekte zu einem Netto-Kapitalimporteur. Der Gouverneur des Staatsfonds Public Investment Fund, Yasir Al-Rumayyan, erklärte, 2024 seien die Investitionen aus dem Ausland um 24 Prozent auf 31,7 Milliarden Dollar gestiegen.
Während die USA russische Ölkonzerne sanktionieren, hat Indien so viel Rohöl wie seit Oktober 2022 nicht aus den USA importiert, ein Zeichen der Diversifizierung. Die India Oil Corporation, Indiens größte Raffinerie, erklärte jedoch, da nur Rosneft und Lukoil sanktioniert seien,
könnte russisches Öl über andere Produzenten nach Indien gelangen.
Südkorea und die USA wollen stärker bei Künstlicher Intelligenz kooperieren, das sieht ein Memorandum of Understanding vor. Die Verhandlungen über das Handelsabkommen zwischen beiden stocken zugleich. Streitpunkt ist, wie Südkoreas Zusage über Investitionen von 350 Milliarden Dollar in den USA umgesetzt werden soll.
Gustav Theile, Wirtschaftskorrespondent für China, über den neuen Fünfjahresplan der chinesischen Führung.
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Rückspiegel
Vor 505 Jahren: Die Allerheiligenstraße wird zum Seeweg in den Pazifik.
Es kursiert immer noch der Mythos, die Welt habe vor Kolumbus nicht gewusst, dass die Erde eine Kugel sei, obwohl das schon die antiken Griechen belegt hatten. Dass bis zum 16. Jahrhundert dennoch westwärts kein Handelsverkehr erfolgt ist, lag damals in der Annahme, es gäbe zwischen Europa und Asien nur unendliches Wasser. Das Problem hat zwar Kolumbus 1492 gelöst, der von ihm entdeckte Kontinent böte mindestens Nachschub an Proviant, ist aber seinerseits eine 15.000 Kilometer lange Landbarriere auf dem Weg nach Asien.
Das Problem will der portugiesische Seefahrer Ferdinand Magellan lösen. 1519 bricht er im Auftrag Spaniens auf, um an der Küste des heutigen Argentiniens nach einer Durchfahrt zum Pazifik zu suchen. Dort locken die indonesischen Molukken, die Gewürzinseln. Zunächst scheitert er mehrfach, vermeintliche Durchfahrten an der Küste stellen sich als Flüsse heraus. Doch am 1. November 1520, Allerheiligen,entdeckt er schließlich eine Meerenge, in der das Wasser konstant salzig bleibt – ein Indiz, dass die Bucht nicht in einem Süßwasserfluss endet. Vier Wochen später erreichen sie den Pazifik, weitere 100 Tage später die philippinischen Inseln. Dort stirbt Magellan im April 1521 beim Kampf gegen Einheimische. Die Inseln können erst vierzig Jahre später von Spanien kolonisiert werden.
Schmeckt das Wasser salzig? Ein kolorierter Holzstich von 1880 illustriert die Entdeckung der Magellanstraße am 1.11.1520. Picture Alliance
Magellan nennt die Enge zunächst Allerheiligenstraße, doch schon wenige Jahre nach seinem Tod wird sie allgemein als Magellanstraße bezeichnet. Sie ist danach vier Jahrhunderte lang die wichtigste Ost-West-Route für Handel und Personenverkehr
, um Europa mit Südamerika und dem Pazifik zu verbinden, da sie die gefährliche Umschiffung des sturmgefährdeten Kap Hoorn vermeidet. Durch sie können die Europäer auch schnell die Westküsten des amerikanischen Kontinents erschließen, von Chile bis nach Kalifornien - bis 1914 der Panamakanal eröffnet wird.