Alles Wichtige zu Globalisierung, Sicherheit und Ressourcen
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In Berlin schauen alle auf die nächste Koalition, in Kiew auf den Entwurf eines Deals Rohstoffe gegen Frieden. Und Ökonomen berechnen exklusiv für F.A.Z. PRO Weltwirtschaft, dass Staaten sich immer höher verschulden müssen, um Kriegsgefahren abzuwehren.
In Kriegen geht es immer auch um die Kontrolle über Ressourcen. Das hat sich gerade diese Woche gezeigt. Der neue US-Präsident Donald Trump wollte die Kriegslage der Ukraine offensichtlich ausnutzen, um den Vereinigten Staaten Zugang zu kritischen Rohstoffen zu sichern – und könnte nun zumindest einen Teilgewinn einfahren.
Ein solcher Deal könnte der Ukraine allerdings mehr nutzen, als es anfangs schien. Nicht nur würde Kiew den US-Präsidenten dazu verpflichten, sich langfristig in dem osteuropäischen Land zu engagieren. Geld würde ja überhaupt nur dann nach Washington fließen, wenn die Ukraine auch Zugang zu den wertvollen Ressourcen bekommt. Erhebliche Vorkommen von Erdgas, Kohle, Seltenen Erden oder des kritischen Rohstoffs Lithiums liegen jedoch ausgerechnet in jenen Gebieten, die Russland besetzt hält.
Womöglich hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hier den Hebel gefunden, um den transaktionalen Trump zum Umdenken zu bewegen: Will der US-Präsident Kasse machen, geht das kaum, wenn er die Ostukraine an Russland abzutreten bereit ist.
Das alles sieht der Friedensplan des neuen amerikanischen Ukraine-SonderbeauftragtenKeith Kellogg zwar nicht vor. Mit ihm würde die aktuelle Frontlinie de facto zur neuen ukrainisch-russischen Grenze. Warum sich Amerikaner und Europäer dennoch für diesen Plan stark machen sollten, erklärt Johannes Driedger, Forscher am Peace Research Institute Frankfurt (PRIF) in einem Gastbeitrag.
Die Frage finanzieller Ressourcen stellt sich derzeit vor allem in Berlin und Brüssel. Sie wird eine Analyse aufschrecken, die das Team um den Ökonomen Christoph Trebesch vom Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) erarbeitet hat. Ihr Fazit: eine rasche Aufrüstung hat in der Geschichte fast immer neue, hohe Schulden erfordert. Die Ergebnisse der Studie haben wir vorab bekommen.
Ebenfalls exklusiv erklärt uns Weltbank-Geschäftsführer Axel van Trotsenburg im Gespräch, was seine Institution von der neuen US-Regierung erwartet, welchen Ansatz China verfolgt und wie sich Entwicklungszusammenarbeit verändern muss.
Ihren Blick auf das große Ganze zu richten, steht den Politikern in Berlin noch bevor. Nachdem sich der Wahlkampf hauptsächlich um Innenpolitik gedreht hat, müssen sie nun doch überlegen, wie sie der Exportnation international wieder Kraft verleihen. Wir zeigen auf, auf welche künftige Außenwirtschaftspolitik sich Union und SPD wohl einigen können, und wo es Konflikte geben wird.
Auch in diesen wahrlich unübersichtlichen wie unsicheren Tagen gibt es noch Grund für Optimismus: Wenn sich viel bewegt, gibt es zumindest eine gewisse Chance, dass es sich am Ende auch zum Guten wendet.
Due EU-Kommission erlaubt Finnland, klimafreundliche Investitionen in der Industrie mit 2,3 Milliarden Euro in Form von Steuerboni zu subventionieren. Weitere aktuelle Konflikte, Handelsliberalisierungen und -beschränkungen zeigt unsere interaktive Karte.
Axel van Trotsenburg, die Nummer Zwei in der Weltbank, spricht im Interview über den gefürchteten Einfluss der neuen US-Regierung, China und eine überfällige Reform der Entwicklungszusammenarbeit.
Von Christoph Hein
Herr van Trotsenburg, haben Sie Signale von der neuen amerikanischen Regierung bekommen, dass diese ihren Zugriff auf die Weltbank verschärfen will? Nein, das haben wir nicht. Der neuen Regierung sind in den ersten Wochen andere Fragen wichtiger. Zudem ist es so, dass wir in unserer 80-jährigen Geschichte immer Unterstützung hatten. Ich gehe auch davon aus, dass sehr viele Aufgaben, die die Weltbank übernimmt, nicht nur für Amerika, sondern auch für die übrigen Länder von Gewicht bleiben.
Der niederländisch-österreichische Ökonom Axel van Trotsenburg ist Senior Managing Director der Weltbank und damit die Nummer Zwei hinter dem Weltbankpräsidenten. Bloomberg
Der Erfolg der künftigen Regierung wird auch daran gemessen werden, ob sie Deutschlands Position im Welthandel stärken kann. Es drohen jedoch mindestens zwei Konflikte.
Von Falk Heunemann
Exportweltmeister ist Deutschland zwar schon länger nicht mehr. Nach China und den USA gehört die deutsche Wirtschaft aber immer noch zu den Größten im Welthandel. Im Wahlkampf, der sich oft um innenpolitische Fragen drehte, ist das untergegangen. Doch nun werden Union und SPD auch darüber verhandeln müssen, wie die künftige Außenwirtschaftspolitik aussehen wird. Dies sind die wichtigsten Positionen und Streitpunkte:
Mutmaßlich bald Koalitionäre: Friedrich Merz, CDU-Parteivorsitzender, und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) Picture Alliance
Der Zollkrieg sollte nicht die einzige Sorge Europas sein. Der IDOS-Politologe Berger warnt, es wäre weitaus gefährlicher, wenn die USA das multilaterale Regelsystem der Welthandelsorganisation infrage stellten.
Von Axel Berger
Seit Donald Trump zurück im Weißen Haus ist, bestimmen Handelskonflikte die Schlagzeilen. Auf Zollankündigungen der Amerikaner drohen die Handelspartner – etwa die EU – wenig überraschend mit Gegenmaßnahmen. Eine gefährliche Zollspirale droht sich immer schneller zu drehen, die keine Seite reicher oder sicherer machen wird. Zölle und Gegenzölle streuen Sand ins Getriebe des Welthandels.
An diesem Donnerstag beginnt der Indienbesuch von 21 EU-Kommissaren
sowie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Eine Kommissionsreise in diesem Umfang sei beispiellos, so EU-Vertreter. Dabei geht es auch um das Vorantreiben der 2022 wieder aufgenommenen Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen. Neben den Zöllen für Autos und alkoholische Getränke stehen nicht-tarifäre Einschränkungen auf der Agenda. Die nächste Verhandlungsrunde soll vom 10. bis 14. März in Brüssel stattfinden. Der Handel Deutschlands mit Indien blieb mit einem Volumen von 30,9 Milliarden Euro 2024 in etwa auf Vorjahresniveau.
Die Konsumenten in den USA haben
zunehmend Inflations- und Beschäftigungssorgen. Der Conference Board Index zum Verbrauchervertrauen sank im Februar um sieben auf 98,3 Punkte – der stärkste monatliche Rückgang seit August 2021.
Der deutsche Außenhandel mit der Asien-Pazifik-Region ist 2024 um knapp 3 Prozent auf 494,5 Milliarden Euro gesunken. Betroffen waren vor allem die deutschen Exporte nach China, hauptsächlich Autos, Autoteile und Maschinen, berichtet der Ostasiatische Verein. Aber auch der Handel mit Japan, Südkorea und mit Rohstoffen aus Australien ist zurückgegangen.
Berlin und Brüssel debattieren über die Kostenlast der Aufrüstung. Nun drängen zwei Ökonomen auf die Aufnahme neuer Schulden. Ihr historischer Vergleich: Die Wehrlosigkeit Großbritanniens gegen Hitler-Deutschland.
Von Christoph Hein
Während der absehbare Bundeskanzler Friedrich Merz und die SPD über die Finanzierung der Aufrüstung, eine Reform der Schuldenbremse oder ein Sondervermögen debattieren, sind Wissenschaftler weiter. Die Ökonomen Christoph Trebesch und Johannes Marzian unterstreichen, dass „fast alle Aufrüstungen kurzfristig über Defizite und höhere Steuereinnahmen finanziert“ worden seien. Daraus leiten die Forscher eine klare Handlungsanweisung mit Blick auf die wahrgenommene Bedrohung aus Russland ab. F.A.Z. PRO Weltwirtschaft haben sie ihre Untersuchung vorab zur Verfügung gestellt.
Es gibt amerikanische Vorschläge für einen Frieden mit Moskau. Präsident Donald Trump, aber auch die Europäer sollten sie ernsthaft prüfen, meint der Leibniz-Friedensforscher.
Von Johannes Driedger
Es gibt wohldurchdachte und realistische Pläne für einen nachhaltigen Waffenstillstand zwischen der Ukraine und Russland. Einer davon wurde im April 2024 vorgelegt – von Keith Kellogg, der jetzt Trumps Sondergesandter für die Ukraine und Russland ist. Der Plan taugt, weil er drei zentrale Teilfragen benennt und Antworten gibt, die umsetzbar und tragbar sein könnten.
Zum dritten Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine hat die EU ihre Sanktionen gegen Russland verschärft. Sie erhöhten den Druck – wenn Donald Trump nicht wäre, meint unser Kolumnist.
Von Christian von Soest
Eine traurige Routine: Wie in den Vorjahren bringt die Europäische Union zum dritten Jahrestag von Russlands Frontalangriff auf die Ukraine am 24. Februar 2022 ein weiteres Sanktionspaket auf den Weg. Das Zeichen aus Brüssel ist klar, nur wachsender Druck zwingt Präsident Wladimir Putin zu echten Verhandlungen. Damit führt der Staatenbund seine Strategie des Schmerzes gegen den Kreml fort.
Unser Kolumnist hat die Welt im Blick. Jasper Hill
Großbritanniens Regierung hat unmittelbar vor dem Besuch von Ministerpräsident Keir Starmer bei US-Präsident Donald Trump angekündigt, die Verteidigungsausgaben zu erhöhen, und zwar von aktuell 2,3 auf 2,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2027. Das entspräche einem Plus von 13,4 Milliarden Pfund (rund 16 Milliarden Euro).
Nach der Beschädigung eines Untersee-Datenkabels hat Taiwan ein chinesisches Frachtschiff und seine Besatzung von acht Personen festgesetzt. Die Behörden schließen Sabotage nicht aus.
In dem lateinamerikanischen Land gibt es billigen Strom aus Wasserkraft im Überfluss. Darauf setzen Investoren, die Bitcoins schürfen wollen, ohne dem Klima zu schaden. Doch das muss nicht so bleiben.
Von Olaf Wittrock
Die Organisation Bitcoin Paraguay weiß genau, womit sie in der Szene überzeugen kann: Auf dem Netzwerk X strahlt einem im Profilbild der Staudamm des Wasserkraftwerk Itaipú unweit der Iguazú-Wasserfälle entgegen, still ruht da der See, in malerischen Farben reflektiert er das Blau des Himmels und das Grün des Urwalds. Wer sich dann mit Jan Kotas unterhält, einem Tschechen, den es nach Paraguay verschlug, wo er das Netzwerke gründete, der ahnt: Es ist diese gefühlt unendliche Energie, die Kryptounternehmen lockt.
Das Itaipú-Wasserkraftwerk an der Grenze zwischen Paraguay und Brasilien Frank Röth
Das Reich der Mitte nutzt mehr erneuerbare Energien als jemals zuvor. Zugleich werden so viele Kohlekraftwerke geplant wie seit zehn Jahren nicht.
Von Sabine Balk
Der Bau immer neuer Kohlekraftwerke in China untergrabe die Fortschritte des Landes im Bereich der Dekarbonisierung, heißt es in einem aktuellen Bericht des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) und des Global Energy Monitor. Demzufolge begann das Land im vergangenen Jahr mit dem Bau von Kohlekraftwerken mit Kapazitäten von 94,5 Gigawatt (GW) und nahm 3,3 GW an ausgesetzten Projekten wieder auf, was laut den beiden Denkfabriken dem höchsten Bauvolumen der vergangenen zehn Jahre entspricht.
Brasiliens Präsident Lula hält vorerst an der Ölförderung im eigenen Land fest. Die Einnahmen des staatlichen Konzerns Petrobras finanzierten die Energiewende, sagte er. Er verteidigte damit auch die geplanten Bohrungen im Amazonasbecken, die Umweltschützer kritisieren.
„Dem Aufbau einer europäischen Rüstungswirtschaft steht der Abbau in verwandten Branchen gegenüber, allen voran in der Stahl- und Automobilbranche.“ Die Wirtschaftsredakteure Ralph Bollmann und Anna Sophie Kühne beschreiben die
Möglichkeiten, in Deutschland aufzurüsten.
Am meisten gelesen in F.A.Z. PRO Weltwirtschaft:
Sechs Bereiche, in denen Deutschland noch zur Weltspitze gehört Deutschland stecke in der Krise, heißt es derzeit. Das stimmt. Aber nicht überall geht es bergab. Hier sind sechs Beispiele dafür, dass die Deutschen in manchen Bereichen weiterhin zu den Besten gehören – noch.
Rückspiegel
Durchstoß beim Gotthard-Tunnel. Dass die Alpen kein kleines Reisehindernis sind, musste schon der karthagische Heerführer Hannibal feststellen. Doch spätestens im 19. Jahrhundert wächst der Bedarf immer stärker, die Industrie- und Handelsregionen in Deutschland mit denen in Norditalien besser zu verbinden – und für die Eisenbahn eine direkte Nord-Süd-Verbindung von der Nordsee bis zum Mittelmeer zu erschaffen.
Der Schweizer Unternehmer Alfred Escher propagiert daher 1869 einen 15 Kilometer langen Tunnel durch das Gotthard-Massiv – auch damit der Güterverkehr durch die Schweiz rollt und nicht um sie herum. Die Bauarbeiten, die von Italien, der Schweiz und dem Deutschen Reich gemeinsam finanziert werden, werden von beiden Seiten der Alpen angegangen. Am
29. Februar 1880 treffen diese beiden Röhren schließlich aufeinander, der Durchstoß erfolgt, mit einer Abweichung von nur 33 Zentimetern in der Horizontalen.
Nach seiner Eröffnung 1882 wird der Gotthard-Tunnel für Züge zu wichtigsten Nadelöhr des europäischen Güterverkehrs, ähnlich bedeutend wie der Suezkanal. 1980 wird er dann um einen Straßentunnel und 2016 um den 57 Kilometer langen Basistunnel erweitert.
Historische Aufnahme des Eisenbahntunnels durch das Gotthard-Massiv Picture Alliance