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Schüsse vor Trumps Bug
Götterdämmerung in den USA? Nachdem Donald Trump in seinen ersten Monaten als Präsident des mächtigsten Landes der Erde die Welt zu überrollen schien, bekommt er nun Gegenwind.
In der Finanzmetropole New York gewinnt mit Zohran Mamdani ein demokratischer Sozialist mit indischen Wurzeln und muslimischen Glaubens im Sturmlauf die Wahl zum Bürgermeister. Bis sich erweisen wird, dass er seine Versprechen nicht wird halten können, erobert er die Herzen jener, die sich zurückgelassen, übersehen und angegriffen fühlen. In Virginia und New Jersey gewinnen zwei moderate Demokraten die Gouverneurswahlen. Zeitgleich haben die Wähler in Kalifornien für einen vom demokratischen Gouverneur Gavin Newsom
betriebenen Neuzuschnitt der Wahlbezirke gestimmt.
Nur Stunden später beginnt das Höchste Gericht, sich Trumps Zollpolitik vorzunehmen. Der Supreme Court wird entscheiden, ob der International Emergency Economic Powers Act Trump wirklich die Macht verlieh, Barrieren kaum gekannten Ausmaßes zu errichten. Allein in diesem Jahr dürften die Trump-Zölle zu mehr als 140 Milliarden Dollar Gebühren führen. Der weltweite Handel muss umorganisiert werden.
Trump selbst nannte das Gerichtsverfahren eine „Entscheidung über Leben und Tod einer Nation
“ – er meinte die eigene, nicht jene Länder, die durch seine Zölle getroffen werden. Analysten berechnen, dass der durchschnittliche Zollsatz der USA von derzeit 16 Prozent auf 6,5 Prozent fallen werde, sollten die Richter gegen Trump entscheiden; verliert er, können Firmen Klagen auf Erstattung von mehr als 100 Milliarden Dollar gegen die Regierung einreichen. Gewinnt er, hat Trump freie Bahn.
Der Weltwirtschaft Auslandspodcast F.A.Z.
Unterdessen leiden immer mehr Familien, die an Gehältern der Bundesverwaltung hängen, unter dem Shutdown der Verwaltung. Den zu Grunde liegenden Haushaltsstreit im Kongress lasten sie den Republikanern an.
Wird hier das Ende für Trump eingeläutet? Noch lange nicht. Aber die Menschen beginnen sich zu wehren. Und die Demokraten senden erste Lebenszeichen.
Den von seiner Politik bitter enttäuschten amerikanischen Soja-Bauern baute der Präsident noch einmal eine Brücke, indem er mit China einen Abnahmevertrag schloss. Aber alle Opfer seiner Politik, seiner Brutalität, seines unsäglichen Stils wird er nicht in Schach halten können. Der Widerstand wächst durch Erfahrungen. Wie ein Narzisst wie Trump damit umgehen wird, ist offen. Schon einmal knickte der Präsident ein, als die Anleihemärkte scharf auf seine umfassenden Zolldrohungen reagierten.
Ganz und gar nicht nebenbei zeigt sich die Bedeutung unabhängiger Richter und Gerichte. Schon Indiens Ministerpräsident Narendra Modi hatte sie auf für ihn schmerzliche Weise erfahren. So wie Modi gehen Trump und seine Leute, wo sie können, gegen dieses Regulativ vor, versuchen, unliebsame Richter loszuwerden. In einem Rechtsstaat leben und wirtschaften zu dürfen, ist aber ein enormer Vorteil. Auch das macht die – so oft zu Recht gescholtene EU – als Investitionsort attraktiv.
Und doch halten Unternehmen ihre Investitionen aus Furcht vor geoökonomischen Verwerfungen zurück. Das erfuhren meine Kollegin Kati Schneider und ich von Bayer-Chef Bill Anderson. Mit ihm, Unionsfraktionschef Jens Spahn und dem Vorsitzenden des
Egon-Zehnder-Verwaltungsrates, Michael Ensser, sprachen wir für den neuen Podcast von F.A.Z. PRO Weltwirtschaft. Innerhalb weniger Stunden riefen ihn mehr als 50.000 Menschen ab – danke!
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Autohersteller können in den USA fortan eine Zollsubvention für Liefer- und Lastwagen erhalten, die in den USA montiert werden. Sie beträgt 3,75 Prozent des Fahrzeugwerts. Dies soll die Belastung durch Importzölle auf Autoteile mindern. Weitere aktuelle Handelsliberalisierungen und -beschränkungen zeigt unsere interaktive Karte.
Bei der Weltklimakonferenz in Brasilien steigt der Druck auf viele Länder, eigene Klimaziele aufzugeben. Das liege auch an der Politik der US-Regierung, erläutert der Klimaforscher Niklas Höhne. Er sieht aber auch Fehler der deutschen Regierung.
Von Sabine Balk
Herr Höhne, sind Sie eigentlich desillusioniert? Klimaschutz hat derzeit angesichts von Kriegen und dem Erstarken populistischer Parteien keine Priorität mehr. Die Klimapolitik bewegt sich seit jeher in Wellen, aber die aktuelle Situation ist im Vergleich zu den vergangenen 30 Jahren extrem schwierig.
Exportschwäche, Rohstoffabhängigkeit, Arbeitsplatzabbau: In der Industrie treffen derzeit deutsche Selbstzweifel auf chinesisches Selbstbewusstsein. So könnte Deutschland den Schock bewältigen.
Von Gerald Braunberger
Die Furcht vor einem zweiten „China-Schock“ bewegt die öffentliche Diskussion. Gemeint ist eine neue industrielle Herausforderung des Westens, die dieses Mal ausgeprägter als beim ersten China-Schock 2001 auch die deutsche Wirtschaft treffen könnte.
Krise bei deutschen Autobauern: Die Wettbewerbsschwäche auf dem größten Automarkt der Welt – China – trifft primär die deutsche Industrie. dpa
Es ist kein Zufall, dass die Supermächte USA und China nach Monaten des Zollstreits wieder da angekommen, wo sie im Januar gestartet sind. Der Konflikt dürfte bald wieder eskalieren, erklären zwei China-Analysten.
Von Björn Conrad, Martin Catarata
Nach dem Treffen zwischen US-Präsident Trump und Chinas Staatschef Xi Jinping scheint der jüngste Eskalationszyklus beendet. Das Muster wiederholt sich: Massive Drohungen und Gegendrohungen treiben die Spannung hoch, bis beide Seiten abrupt deeskalieren und am Ende ungefähr dort stehen, wo alles begann. Was steckt dahinter? Beide Seiten scheinen sich derzeit in zwei Grundannahmen einig.
Durch extreme Vermögensunterschiede drohe der Welt ein „Ungleichheitsnotstand“, sagt Nobelpreisträger Stiglitz. Er empfiehlt dem anstehenden G-20-Gipfel nicht nur ein neues Gremium, sondern auch weniger Deregulierung und weniger Privatisierung.
Von Andreas Landwehr
Vor dem Gipfel der großen Industrie- und Schwellenländer (G 20) in Südafrika (22. bis 23. November 2025) warnt eine unabhängige Expertengruppe vor den Risiken der globalen Ungleichheit: Die Gruppe unter der Führung von Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz schlägt eine international besetzte Kommission zur Ungleichheit (International Panel on Inequality,IPI) vor.
Unter Federführung von Wirtschaftsnobelpreisträger Joseph Stiglitz haben Ökonomen den Ungleichsheits-Bericht zum G-20-Gipfel erstellt. AFP
87 Prozent der Unternehmenschefs sagen: Die größte Gefahr für ihre Geschäfte ist die geopolitische Instabilität. Darüber sprechen wir unter anderem mit Bayer-CEO Bill Anderson und Union-Fraktionschef Jens Spahn.
Leser reagieren auf unseren neuen F.A.Z.-Podcast PRO Weltwirtschaft, in dem wir mit Wissenschaftlern, Unternehmern, Diplomaten und Vorstandsvorsitzenden über die geoökonomische Lage gesprochen haben.
Der Bayer-Vorstandsvorsitzende Bill Anderson hat im Podcast erklärt, dass er nicht wisse, wo er derzeit investieren solle. Wolfgang Niedermark vom Industrieverband BDI klagte, dass die Firmenchefs nicht auf Warnungen hören. Und Unionsfraktionschef Jens Spahn empfahl den Unternehmensführern, sich an die eigene Nase zu fassen. Unsere Leser denken eher über Gehaltsverzicht von Vorständen und das Vorbild Japan nach.
Der Unionsfraktionsvorsitzende Jens Spahn (CDU) forderte im Gespräch mehr Weitblick von der Industrie. dpa
Im Streit über die Aussagen von Außenminister Johann Wadephul über Rückführungen nach Syrien warnen Wissenschaftler vor neuen Konflikten in dem zerstörten Bürgerkriegsland. Die Frage ist, wie Damaskus die Sicherheit finanzieren kann.
Von Christoph Hein
Zur selben Zeit, in der in Deutschland die Debatte um die Sicherheit in Syrien Wellen schlägt, warnt die britische Denkfabrik The International Institute for Strategic Studies (IISS) vor einem „gefährdeten Wiederaufbau“ des Landes. Sie untersucht in einer Studie vor allem die Sicherheitsstruktur im Umbruch.
Die Verwendung russischer Vermögenswerte wirkt sich kaum auf die Finanzmärkte aus. Eine gute Nachricht für die EU und ihr Land, betont eine ukrainische Ökonomin.
Von Iana Okhrimenko
Westliche Partner spielen seit 2022 eine entscheidende Rolle beim Aufrechterhalten der wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit der Ukraine. Die künftige Finanzierung ist jedoch von einem politischen Konsens abhängig.
Längst ersetzen Simulationen Atomtests. Die Drohung des US-Präsidenten ist vor allem ein Signal an Peking und Moskau, urteilt unser Kolumnist und warnt vor unkalkulierbaren Folgen.
Von Christian von Soest
Die Debatte wirkt wie auferstanden aus der Halloween-Gruft. Vor seinem Treffen mit Chinas Machthaber Xi Jinping in Südkorea erklärt der amerikanische Präsident Donald Trump, er habe das Pentagon – kürzlich in Kriegsministerium umbenannt – angewiesen, sofort neue Atomwaffentests „auf gleicher Basis“ mit anderen Ländern zu beginnen.
Unser Kolumnist hat die Welt im Blick. Jasper Hill
Die Ukraine plant die Einrichtung von Rüstungsexport-Büros in Berlin und Kopenhagen. Über sie will das Land selbst produzierte Drohnen und Artilleriesysteme zum Verkauf anbieten, um damit die Kriegskosten zu finanzieren.
Der Plan des chinesischen
Onlinehändlers Shein, in Paris seinen ersten Laden im berühmten Kaufhaus BHV zu eröffnen
, stößt in Frankreich auf erhebliche Widerstände: Französische Modeketten haben aus Protest ihre Produkte aus dem Kaufhaus genommen, eine staatliche Bank will das Gebäude nicht länger kaufen. Die Regierung erwägt, den Onlinehändler wegen des zeitweiligen Verkaufs kindlicher Sex-Puppen zu sperren.
Indien
senkte im September seine Rohölimporte aus Russland um 29 Prozent
. Zur Kompensation erhöhte Indien seine Importe aus Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten, den USA, Angola und Kolumbien. Russlands Anteil an indischen Öleinfuhren sank auf etwa ein Drittel und sinkt im Dezember wohl weiter, bedingt durch die US-Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil. Analysten von Kpler sagen aber für 2026 eine Erholung russischer Exporte nach Indien voraus.
Treffen von Trump und Xi: Der Burgfrieden Die beiden Großen der Weltwirtschaft haben sich geeinigt. Wie lange die Kompromisse halten, ist völlig offen. Klar ist hingegen, wer die Verlierer sind.
Rückspiegel
Vor 340 Jahren: Die Hugenotten ermöglichen Preußens Aufstieg.
Die Berliner stört ihr Stadtbild: „Die deutsche Sprach’ kommt ab, ein’ andre schleicht sich ein“, klagen sie über die Neuankömmlinge. Die Immigranten bauen plötzlich eigene Gotteshäuser mitten in der Stadt, es duftet nach fremdartigen Speisen und Getränken. Von Überfremdung ist die Rede, seit der Regierungschef die Grenzen für die Flüchtlinge geöffnet hat.
Auslöser für den Unmut ist das Edikt von Potsdam, das der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm am 8. November 1685 erlassen hat. Damit erlaubt er rund 20.000 französischen Calvinisten, den Hugenotten, sich im lutherisch geprägten Berlin und Brandenburg anzusiedeln – allein die damalige Kleinstadt Berlin wächst durch sie um ein Viertel an, auf 30.000.
Die Grenzöffnung erfolgt aus wirtschaftlichen und demographischen Motiven: Brandenburg und Preußen liegen nach dem Dreißigjährigen Krieg danieder, die Bevölkerung ist stark dezimiert. Die französischen Flüchtlinge sollen diese Lücke schließen. Und erhalten dafür zahlreiche Privilegien, von der Steuerfreiheit über eine schnelle Einbürgerung bis hin zum Bau eigener Kirchen und Institutionen.
Symbol für die Toleranz Berlins: Gendarmenmarkt mit dem französischen Dom dpa
Die Hugenotten sind gebildete Fachkräfte, viele sind Handwerker, die die Leder- und Textilindustrie beleben. Andere bauen zerstörte Dörfer auf und bauen bislang unbekannte Agrarprodukte wie Spargel, Salat und grüne Bohnen an. Hugenottische Militärexperten beraten zudem den Kurfürsten und seinen Sohn, den späteren Preußenkönig Friedrich I., beim Aufbau von Festungen und der Armee. Und sie ermöglichen die Gründung der Akademie der Wissenschaften, die später durch Größen wie die Gebrüder Grimm, die Humboldts und Leibniz Weltruhm erlangt. Erst die Hugenotten ermöglichen den Aufstieg des armen, bäuerlichen Preußen zu einer europäischen Wirtschafts- und Militärmacht – die bis heute in Deutschland und Europa spürbar nachwirkt.