Alles Wichtige zu Globalisierung, Sicherheit und Ressourcen.
Pekings dreckiges Monopol
Wäre die Wirklichkeit doch so einfach, wie sich Überschriften lesen. Denn auf dem Papier klingt das Vorhaben von Amerikanern und Australiern, künftig gemeinsam nach den so begehrten Seltenen Erden zu graben, nahezu perfekt.
Australiens Ministerpräsident Anthony Albanese und US-Präsident Donald Trump vereinbarten, dass ihre Länder innerhalb von einem halben Jahr je eine Milliarde Dollar einzahlen, um auf dem rohstoffreichen fünften Kontinent diejenigen Metalle zu fördern, ohne die kein Handy klingelt, kein E-Auto rollt.
Australien besitzt nicht nur Gas, Erz, Kohle und Kupfer, sondern auch geschätzte fünf Prozent der Weltvorkommen Seltener Erden und verarbeitet wenigstens acht Prozent. Der Monopolist ist aber derzeit noch China, das mehr als 90 Prozent der begehrten Rohstoffe liefert und damit mehr Erpressungspotential als Trump mit seinen Zöllen besitzt. Australien hat beschlossen, die Fertigung auszubauen und eine eigene strategische Reserve anzulegen. Schon jetzt zählt der Kontinent gut 80 Projekte, um die Metalle zu fördern.
Der „Deal“ scheint für die Australier ein großer Gewinn. Erstens werden sie nach langer Sendepause überhaupt wieder in Washington wahrgenommen. Zweitens bekamen sie Trumps Zusage, dass sie sich nun doch mit amerikanisch-britischen Atom-U-Booten gegen China wappnen können. Drittens sind die Australier nicht nur verlässliche Verbündete, sondern auch erfahren im Abbau von Rohstoffen – damit gewinnen sie weiter an Gewicht auf der Weltbühne.
Ganz so einfach aber ist es nicht. Denn Jahre gehen ins Land, bis – selbst im Bergbauland Australien – Wissen und Kapazitäten aufgebaut sein werden, die sehr speziellen Seltenen Erden zu verarbeiten. Neue Minen im Outback zu öffnen, dauert Jahre und ist – aufgrund der notwendigen Genehmigungen – höchst kompliziert. Auch belastet die Verarbeitung der Mineralien die Umwelt, was die Staatswirtschaft der Chinesen weniger stört als die Australier. Und dann wird es nicht einfach werden, die Privatwirtschaft in solche Unternehmungen zu treiben, denn Margen sind allenfalls am Horizont zu erkennen.
Vor allem aber wird Albanese zurück in Canberra die geopolitischen Konsequenzen überdenken müssen: Denn China ist Australiens größter Markt. Der Verkauf Seltener Erden an die westlichen Länder und damit der Angriff auf das Fast-Monopol Chinas werden Peking nicht gefallen. Die künftige Lieferung von Atom-U-Booten an Amerikas Stallwacht im Pazifik noch weniger. Wenn Trump Ende nächster Woche dann noch mit der neuen japanischen Ministerpräsidentin Sanae Takaichi die Verteidigungspartnerschaften im Pazifik ausbaut, wird China reagieren.
Wie es sich anfühlt, wenn Politiker und Unternehmensführer heraufziehende Abhängigkeiten verschlafen, hat Deutschland beim Ringen um russisches Gas zu spüren bekommen. Derzeit versucht Peking, die Preissetzung für australisches Eisenerz zu brechen. Selbst wenn die EU ihr überfälliges „Sofortprogramm“ zur Absicherung wenigstens eines kleinen Teils des Bedarfs an Seltenen Erden nun anstößt, selbst wenn sie beginnt, staatliche Lager aufzubauen, bleiben Peking noch Jahre, in denen es die westliche Industrie am Zügel führen kann.
In eigener Sache: In dieser Woche produzieren wir Ihren Newsletter aus Berlin. Denn hier werden die großen geopolitischen und geoökonomischen Fragen auf dem Berlin Global Dialogue diskutiert. Für die Debatte bieten wir Ihnen in dieser Ausgabe Grundlagen. Am Freitag werden wir auf dem BGD unseren Podcast produzieren.
Wenn Sie Fragen haben, fragen Sie uns – wir reichen sie an unsere Fachleute weiter. Schreiben Sie uns gern auf Weltwirtschaft@faz.de.
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Eine Umfrage der Personalberatung Egon Zehnder spiegelt, in welch kritischem Umfeld sich Manager heute bewähren müssen. Geoökonomische Herausforderungen wiegen schwerer als der Einsatz von KI. China wird als Bedrohung wahrgenommen.
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Unternehmensführer sehen sich enormen Herausforderungen gegenüber. Sie müssten sich derzeit in einer Geschwindigkeit immer neuen Chancen und Risiken stellen, wie sie es nie erwartet hätten, gaben 92 Prozent von ihnen in einer repräsentativen Umfrage der Personalberater Egon Zehnder an. Die Studie liegt F.A.Z. PRO Weltwirtschaft exklusiv vorab vor.
Immer mehr Bücher und Studien zum Thema, Veranstaltungen und nun auch noch eine neue Forschungseinrichtung: Die Geoökonomie hat Hochkonjunktur. Warum, erklärt der Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft.
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China verlangt künftig eine Ausfuhrgenehmigung für Seltenerdmetalle. US-Präsident Donald Trump kündigt zusätzliche Zölle von 100 Prozent auf alle China-Importe an. Seit Monaten exerzieren die beiden großen Volkswirtschaften Geoökonomie in Reinform.
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Kurz vor dem geplanten Gipfel zwischen Donald Trump und Xi Jinping stellt Chinas Zentralkomitee der Partei die Weichen für die Zukunft. Der neue Fünfjahresplan setzt auf Stärke durch Entwicklung.
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Mit dem neuen Fünfjahresplan will sich China für den andauernden Handelskrieg mit den USA rüsten und seine Eigenständigkeit stärken. Die rund 370 Mitglieder des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei beraten seit Montag über den Entwurf, um die Weichen für die Zukunft der zweitgrößten Volkswirtschaft zu stellen.
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Peking hat gegen die USA und Europa ein Ass im Ärmel. Es entscheidet über den Zugang der Industrie zu Seltenen Erden. Der Westen muss sehr schnell Antworten finden.
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Seit Jahren versprechen Deutschland und seine Partner: Entwicklungshilfe soll den Empfängern nützen, nicht den eigenen Konzernen. Länder wie Malawi, Mosambik, Tuvalu und Schwergewichte wie die Ukraine sollen selbst entscheiden, wo sie Waren, Dienstleistungen und Expertise einkaufen. Dieses Prinzip firmiert unter dem Begriff „Lieferaufbindung“, obwohl es die Empfänger gerade nicht bindet.
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Vor 21 Jahren galt das Land als heißer Anwärter auf eine Mitgliedschaft in der EU. Doch offizielle Verhandlungen haben bis heute nicht einmal begonnen. Was läuft da schief?
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Als Nordmazedonien im Jahre 2004 seinen Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU) stellte, galt der Weg des kleinen Balkanlandes in die EU als eine Art Selbstläufer. Seither hat der Staat vielleicht mehr dafür getan als die meisten anderen EU-Mitglieder: Er hat sogar seinen Namen geändert, dem „Mazedonien“ die Himmelsrichtung „Nord“ vorangestellt. Doch absehbar ist der Beitritt zur Union auch nach 21 Jahren nicht.
Wer bezahlt den Krieg? Und wie kann sich die überfallene Ukraine auf Dauer verteidigen? Die Berater von Berlin Global Advisors analysieren, welche Hilfen die EU bieten kann und muss.
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Erst vor wenigen Wochen strömte eine Welle des Optimismus durch die Konferenzräume des Warsaw Security Forum, der osteuropäischen Variante der Münchener Sicherheitskonferenz. Am Sonntag zuvor hatten die Wahlen in Moldawien der europafreundlichen Partei PAS von Präsidentin Maia Sandu eine nicht erwartete Mehrheit verschafft, und auf dem Schlachtfeld schien die Ukraine mit weitreichenden Aktionen im russischen Hinterland ein neues Momentum zu erzielen. Nun hat ein Telefonat zwischen Trump und Putin gereicht, um dem aufkeimenden Optimismus einen schweren Dämpfer zu verpassen.
Die Ukraine braucht immer mehr Waffen. Die EU muss sich auf Wege einigen, sie zu finanzieren. dpa
US-Präsident Donald Trump testet Grenzen auch im Devisenmarkt aus. Dies lässt Zweifel über die langfristige Rolle des Dollars im Weltwährungssystem aufkommen. Bislang fehlt es jedoch an echten Alternativen, analysieren zwei Chefökonomen.
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Die Abkehr vom Freihandel, die massiven Angriffe auf die Unabhängigkeit der amerikanischen Zentralbank Federal Reserve (Fed) und der Einsatz des Dollars als Sanktionsinstrument in geopolitischen Konflikten sorgen bei vielen Anlegern und Beobachtern für Unbehagen.
Die USA und Europa verhängen weitere Sanktionen gegen die staatlichen russischen Ölkonzerne Rosneft und Lukoil. All ihre Vermögenswerte in den USA oder im Besitz amerikanischer Staatsbürger
werden eingefroren. Unternehmen, die zu mindestens 50 Prozent im Eigentum der sanktionierten Firmen stehen, sind automatisch ebenfalls betroffen. Zudem ist es US-Unternehmen und Privatpersonen untersagt, geschäftliche Beziehungen zu diesen Firmen zu unterhalten. Angeblich „prüfen“ auch indische Staatskonzerne ihren fortgesetzen Kauf russischen Öls. In der Folge der Sanktionen stieg der Ölpreis am Morgen in Asien.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) besetzt eine Schlüsselrolle mit einem deutschen Ökonom:
Christian Mumssen wird Anfang November Strategiedirektor und damit auch zuständig für internationale Finanzsicherheit. In seinen 26 Jahren beim IWF leitete er unter anderem dessen europäisches Büro. Mumssen hat in Freiburg, an der London School of Economics und in Oxford studiert.
Die Europäische Union will verstärkt gegen die sogenannte russische Schattenflotte vorgehen. Dies sind russische Öltanker, die offenbar weiterhin EU-Sanktionen umgehen. Die Größe dieser Flotte wird mittlerweile auf 600 bis 1400 Tanker geschätzt. Um diese aufzuhalten, will die
EU enger mit den Staaten zusammenarbeiten, unter deren Flagge diese Schiffe fahren.
Chinas Wirtschaftswachstum hat sich im dritten Quartal dieses Jahres verlangsamt. Grund sind die Immobilienkrise, der Handelsstreit mit den USA und ein verhaltener Konsum. So legte das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Juli bis September 4,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu
, in den ersten beiden Quartalen wuchs das BIP noch um 5,4 Prozent beziehungsweise 5,2 Prozent.
Eine Branche, die Zuversicht verbreitet, ist Chinas Windkraftindustrie. Sie will die
Anzahl der jährlich neu installierten Windkraftanlagen in den nächsten fünf Jahren verdoppeln
, um die CO2-Neutralität des Landes voranzutreiben.Von 2026 bis 2030 sollen jährlich mindestens 120 Gigawatt an neuen Turbinen an Netz gehen. Das ist doppelt so viel wie die durchschnittliche Neukapazität, die China zwischen 2020 und 2024 installiert hat.
China, nicht Trumps Washington, ist die wahre Weltmacht Xi Jinping profitiert vom harten Kurs der USA unter Donald Trump. Dem Reich der Mitte eröffneten sich unverhofft ganz neue Chancen, schreibt der Geoökonom Sebastian Heilmann in seinem neuen Buch.
Rückspiegel
Vor 360 Jahren: Portugal übernimmt die Macht im Kongo.
Auch wenn es heute gern so dargestellt wird, Afrika ist vor der Kolonialisierung nicht rückständig. Über große Teile der heutigen Demokratischen Republik Kongo, der Republik Kongo und Angolas erstreckt sich im 15. und 16. Jahrhundert das Königreich Kongo, das eine regionale Führungsrolle übernimmt und eine bedeutende Wirtschaftsmacht ist.
Am 29. Oktober 1665 muss sich die Armee des Königreichs Kongo aber portugiesischen Truppen in der Schlacht von Ambuila geschlagen geben. Nach dieser Niederlage wird das Reich politisch zerschlagen, die Europäer verfestigen ihren Einfluss. Eine direkte, vollständige Herrschaft im Sinne einer Kolonialverwaltung üben die Portugiesen – anders als später die Belgier und Franzosen – jedoch nie aus.
Der kongolesische König Nzinga Nkuwu, der auf den Namen Joao I. getauft wurde, empfängt 1491 portugiesischen Missionare. Picture Alliance
Vielmehr wird das Königreich Kongo ab dem 16. Jahrhundert durch zunehmende wirtschaftliche und politische Abhängigkeit, insbesondere durch den Sklavenhandel, immer stärker von Portugal beeinflusst. Die erste Kontaktaufnahme der Portugiesen mit den Bewohnern des Kongos geschieht im Jahr 1489. Seitdem machen die Portugiesen willkürlich Jagd auf Afrikaner, um sie zu versklaven. Der Menschenraub ist die Ursache für den Aufstand gegen die Besatzer, der in der Schlacht von Ambuila endet.
Der Sklavenhandel ist ein bedeutender Faktor für den wirtschaftlichen Aufstieg der europäischen Staaten. Afrikaner werden in die amerikanischen Kolonien verschleppt, wo sie als billige Arbeitskräfte die Bodenschätze des neuen Kontinents heben müssen – in Südamerika ist es Gold, in den amerikanischen Südstaaten Baumwolle.
Beginnend mit der portugiesischen Herrschaft, wird der Kongo zum Spielball der Weltmächte – und ist es bis heute. Die Staaten des Kongobeckens gehören zu den rohstoffreichsten Regionen der Welt. Die Demokratische Republik Kongo verfügt über große Mengen von Kupfer, Kobalt und Coltan – allesamt unerlässlich für den Bau elektronischer Geräte. Als Komponenten für Computer, Batterien und Chips bildet die billige Verfügbarkeit dieser sogenannten Konfliktrohstoffe die Grundlage des Welterfolges von Techgiganten wie Apple, aber auch von chinesischen E-Auto-Herstellern wie BYD.